Dienstag, 18. Januar 2011

Die Nebel von Avalon XVII

Na, das war doch mal ein waschechter Skandal im letzten Kapitel. „Skrupellose Tante mit Omnipotenzphantasien verkuppelt nichtwissende Nichte mit Halbbruder!“ würde eine bekannte deutsche Zeitung vom Titelblatt verkünden, und so ist es ja auch, denn Vivi wusste doch von Anfang an, wie und was und vor allem wer mit wem.

Auf dem Rückweg nach Avalon sitzt Gähne dementsprechend demontiert in ihrer Sänfte und hat Kopfschmerzen. Als es auf dem heiligen See daran geht, die Nebel zu rufen und das Wurmloch nach Avalon zu öffnen, überkommt sie gar ein so gewaltiger Zweifel an Vivi, Avalon und überhaupt ihrem ganzen Sein, dass sie den Nebel zuerst nicht runterbekommt. Er bewegt sich nicht und die Männer des kleinen Volkes gucken schon ganz konsterniert. Wie peinlich.

Letztendlich doch in Avalon angekommen stampft Gähne, die nun langsam wütend wird, sofort zu Vivi, doch:

An der Tür stand eine Preisterin, die ihr den Eintritt verwehrte.
„Die Herrin kann niemanden empfangen.“


Gähne, erneut vor den Kopf gestoßen, insistiert, doch selbst auf erneutes Nachfragen kann die anonyme Priesterin nur Unschönes berichten:

„Die Herrin befiehlt Euch, auf der Stelle ins Haus der Jungfrauen [Anm. d. Katz: Darf sie da jetzt eigentlich noch rein? Meinjanur.] zurückzukehnren. Zur rechten Zeit wird sie Euch rufen lassen.“


Wir stellen fest, Vivi ist ein feiges Huhn. Anstatt sich der berechtigt wütenden Gähne zu stellen, verschanzt sie sich hinter ihren heiligen Oompa Loompas. Pfht.
Auch Gähne ist stinksauer und überlegt schon, mit ein bisschen physischer Nachdrücklichkeit zu Vivi durchzudringen, was Handfesteres als das gesegnete Ritual zum Zähneputzen sind die doch eh nicht gewohnt, aber dann sagt sie sich, dass das doch kein Benehmen sei. Also geht sie zu den Jungfrauen und sitzt dort 10 Tage lang herum.

Super.

Endlich, endlich lässt Vivi sie rufen. Gähne ist noch immer sauer.

Sie hat mit mir gespielt wie auf einer Harfe.


Richtig, und apropos Harfe, als unsere Brudervernascherin in die Kemenate der Vivi tritt, sitzt dort ein neuer Hauptcharakter und spielt Harfe.

Kevin.

... nein, echt jetzt. Er heißt Kevin. Hoffen wir mal, dass ich mir alle „allein in der Hütte, höhöhö“-Witze verkneifen kann; ich habe da ja so meine Zweifel.

Kevin.

Kevin!

... aber gut. Kevin sitzt also herum, spielt Harfe, der Merlin hockt auch dort und bei Gähnes Eintreten wird die Musik auch nur kurz unterbrochen. In den nächsten Abschnitten geht es dann um die wundersame Harfe Kevins, aus Elfenbein und Gold und extra für ihn angefertigt und alles ganz wundersam, weil in dem ganzen Buch ja nichts vorkommen kann, weder Ding noch Mensch, das/der nicht wundersam, weise, heilig oder sonst irgendwie eine ganz spezielle Schneeflocke ist. Anstrengend!

Kevin wurde übrigens Barde, weil er nach schweren Brandverletzungen ein paar Finger und die Fähigleit zu laufen verloren hatte. Er saß in der Ecke bis ein alter Harfner vorbeikam und ihm das Spielen beibrachte. Nach 10 Jahren fiel den Beinen dann auch ein, dass sie vielleicht mal wieder funktionieren wollen und später kam dann noch der amtierende Merlin und beschloss, dass Kevin der nächste Merlin werden solle.
Ach, und von der holden Weiblichkeit ist Kevin auch nicht so begeistert. Falls das noch mal wichtig wird, weiß ich ja nicht.

Soviel zum nächsten Merlin. Der klimpert momentan noch auf seiner Harfe herum und Gähne würde Vivi am liebsten an die Kehle springen, aber das macht man ja nicht, zumindest nicht vor Gästen, ne?
Doch dann, man weiß es nicht, ist es der Zauber der Musik, erkennt Gähne auf einmal, wie alt Vivi ist, und dann ist sie nicht mehr wütend sondern nur noch traurig. Weil Vivi ja so aaaaaaalt ist. Schluchz!



Die Musik verklingt, die Politik kommt auf den Tisch. Uther, der ja nun schon eine ganze Weile wacker herumstirbt, stirbt jetzt wirklich und wahrhaftig gleich bald bestimmt und wie damals so üblich versammeln sich die, welche glauben, so ein bisschen König sein, das bekämen sie auch gerade noch so hin. Lot, der Mann der Morgause und noch zwei Hansel.

Nu muss Avalon mal zusehen, dass der König der Wahl, der Herr Artus „ich mag meine Schwester ganz dolle“ Gwydion auch dort landet, wo er schon seit seiner Geburt hinsollte. Achwas, Geburt, wahrscheinlich schon früher!
Artus, oder Hörni, wie ich ihn in nervender Referenz auf das Geschehen im letzten Kapitel nennen möchte, muss nur noch seinen Schwur auf Avalon ablegen, ne, das muss schon sein. Aber Vivi hat schon einen Plan: sie gibt ihm das Superduperheilige Schwert aus dem Reich der Legenden(sic), und dann wird er das schon machen, ne?

„Für dieses Schwert verlange ich von ihm einen Eid. Er muß bei diesem Schwert schwören, Avalon die Treue zu halten [...]. Dann wird sich vielleicht alles wenden. Avalon kehrt aus den Nebeln zurück, während die Mönche mit ihrem toten Gott im Schatten und in den Nebeln verschwinden und Avalon wieder im Licht der äußeren Welt erstrahlt.“


Äh. Ja. Genau.

Nachdem das geklärt ist, packt Kevin seine Harfe ein und humpelt hinaus, gefolgt vom noch amtierenden Merlin. Gähne und Vivi sind allein, und selbst die zufällig hingeworfene Mitteilung, dass Gähne mal die Nachfolgerin von Vivi werden wird, vermag den Zorn der Inzesterin nun nicht mehr zu dämpfen.

Ich weiß, weiter vorne steht, ihr Zorn wäre verflogen, ne, weil Vivi ja so aaaaaaaaalt ist, aber das scheint so eine Neuauflage von „Ich liebe ihn – ach, nein, ich hasse ihn – ach, hm, wenn ich es genau überlege, liebe ich .. hasse ...“ zu sein. Watt weiß ich denn.

Außerdem drückt Gähne da noch ein bisschen der Spaß-Sehks, den Hörni und sie später noch hatten.

Es zählte nicht, solange wir Priester und Priesterin, Gott und Göttin waren [...]. Aber morgens, nach dem Erwachen, vereinigten wir uns als Mann und Frau ... das war wirklich ... es war Sünde ...


Gähne platzt also mit der Anschuldigung heraus, dass Vivi doch eh denke, alles müsse nach ihrem Willen laufen und sämtliche Menschen seien nur ihre Marionetten, die nach ihrem Gutdünken zu springen haben.

Vivi tut erstaunt und unschuldig. Ja, nee, und überhaupt hätte es doch keine andere Möglichkeit gegeben, denn sie hätte Gähne ja nun niemanden Niederrangigeren schicken können und umgekehrt sei ja auch sonst keine Priesterin dem künftigen König würdig gewesen, die Umstände, ne, es ging nun mal gar nicht anders.

Außerdem hätte sie gehofft, dass keiner was merkt, ne. Gähne nicht und Hörni schon mal gar nicht, der war ja noch ein Beebi, als er fortging.

Morgaine unterdrückte ihren Zorn mit aller Macht: „Er weiß es bereits. Er weiß es. Und ich glaube, ihn hat es noch mehr entsetzt als mich.“


Vivi, sinngemäß: „Naja, nun. Jetzt isses eh zu spät und überhaupt ist die Politik jetzt wichtiger als euer kleinliches Gejammer.“

Morgaine wandte sich ab und ging hinaus. Sie wollte nichts mehr hören.

13 Kommentare:

Stina hat gesagt…

Kevin. Merlins Nachfolger heißt Kevin. Nicht zu vergessen sein Zauberlehrling Justin, seine Haushälterin Schakkeline und seine Köchin Schantalle.

Alienor hat gesagt…

Nur, um mal ein bisschen zu sortieren:
Also Kevin (Kevin! *pfffgnihi*) hat ein paar Finger verloren und deshalb spielt er ... Harfe?! Braucht man da nicht eigentlich ziemlich viele Finger?

Und Gähne verzeiht Vivi (oder auch nicht oder doch oder doch nicht...), weil Vivi ja so uuuralt ist? OK, die ist ja auch schon - äh - Ende Dreißig? Oder wohlmöglich NOCH älter?

Ich geh grad mal meinen Rollator holen. ;-)

Vinni hat gesagt…

Nur mal ne Verständnisfrage - warum regt sie der Inzest jetzt eigentlich so auf? *kopfkratz* Weil sie damit ein christliches Gebot gebrochen hat? *kopfkratz*

Dorothea hat gesagt…

Für's Harfespielen braucht man bekanntlich ja nur 4 Finger pro Hand. Auf die kleinen Finger kann man getrost verzichten - doof nur, dass das eigentlich eine Verstümmelung war, mit der man Schwertkämpfer ausser Gefecht gesetzt hat :D
Irgendwie war mir nicht klar, dass wir es im Buch mit so vielen Superhelden zu Tun haben. Aber es ist auch schon etwas her, dass ich den Roman gelesen habe.

Ranwen hat gesagt…

Inzest ist nicht nur in der christlichen Dingens (Tradition/Kultur/Religion/Fuchtel), sondern auch in vielen anderen eine "Sünde" - nicht zuletzt deshalb, weil's ja handfeste Gründe dafür gibt. Selbst da, wo's üblich war, haben sie oft irgendwann festgestellt, daß sie so überdurchschnittlich viele Leute mit genetischen Dachschäden produzieren, und das kann auch wieder nicht Sinn der Sache sein.

Was mich ja hypothetischerweise als Gähne am meisten stören würde, wäre dieser "es merkt schon keiner"-Ansatz. DAS ist einfach nur $%&. Unter aller Sau. Ich meine, vorher mal drüber reden, und alle 'geht halt nicht anders' Argumente vorbringen, das wäre eine Sache gewesen. Aber so ne Mogelpackung - ist doch klar, daß das rauskommt, sowas kommt IMMER raus, und dann steht Vivi mit ihren Plänen doch viel blöder da als vorher. Wenn's nicht anders gegangen wäre, dann geht's eben gar nicht, und Avalon und Göttin sind eben mal wieder für den Untergang vorgesehen. Ist halt so. Das passiert nun mal.

Vinni hat gesagt…

Mythologisch betrachtet ist in vielen Kulturen/Religionen die Bruder-Schwester-Verbindung (besonders bei Königs) die beste, die man kriegen kann. Königliches Blut über zwei Elternteile, besser gehts nicht. Das sahen auch die Kelten so und damit wäre der Schwestersohn der beste vorstellbare Erbe. - Aber Frau MZB hat sicher umfassend, neutral und sachlich recherchiert, irgendwas furchtbares wird es schon noch dabei geben. *handwedel*

Mel hat gesagt…

Jetzt weiß ich auch, warums keinen aktuellen Merlin mehr gibt. Kevin hat den Karren an die Wand gefahren! (konnte halt ohne genügend Finger nicht mehr so gut lenken und so...)

Und überhaupt bin ich froh, dass ich als Teenagerin schon aufgrund des Einbandes gedacht hab: Urgs, hm, neeee, das lieste nich... Weil ich glaub, ich hätte die volle Krise bekommen. Frau Katz: Herzlichen Glühstrumpf zum Durchhalten!

Neyasha hat gesagt…

Das mit dem Schwestersohn bei den Kelten hat aber nix mit Verbindung zwischen Bruder und Schwester zu tun. *anmerk* Das ist eine Sache der matrilinearen Erbfolge, weil man logischerweise eindeutig feststellen konnte, wer die Mutter ist, aber nicht, wer der Vater ist. ;-)
Hat man also ein Schwesterlein von königlichem Geblüt, ist deren Sohn sicher auch von königlichem Geblüt.

Kevin, ach ja. Der Harfenspieler mit den verstümmelten Fingern. Das hat mich irgendwie immer schon massiv irritiert.

Stina hat gesagt…

In der Tat ist das Inzestverbot universell in allen Kulturen. Also, mir fällt spontan jetzt keine ein, wo es das nicht gäbe. Und ich habe obskure Bücher von Matriarchatsforscherinnen mit langen Doppelnamen gelesen. ;-) Die Tatsache, dass Könige und Götter durchaus mal ihre Schwester heirateten, hat aber erst mal nix mit dem Verbot für's einfache Volk zu tun. ("Das ist was anderes!")

Silph hat gesagt…

Aber bei so edlen und wichtigen Personen wie Gähne und Arti ist das doch bestimmt auch was anderes. Der Recht der König oder der Auserwählten und außerdem ist das schon eeeeeewig vorherbestimmt.

Ranwen hat gesagt…

Die Tatsache, dass Könige und Götter durchaus mal ihre Schwester heirateten, hat aber erst mal nix mit dem Verbot für's einfache Volk zu tun. ("Das ist was anderes!")

Danke, ich hatte schon grad Luft geholt. ;)

Ich meine, hallo, griechische Götter? Mutter, Schwester, Schwan, Stier, egal. :ugly:
Meiiine Herrn und Damen Voll-, Halb- und Zweidrittelgötter.

Und bei allen Kulturen, wo mir spontan einfiele, daß ich's da erst nachschlagen müßte, da weiß ich auch, daß es eher Könige und sonstige Herrscherdings waren.

(Gab's da nicht auch bei den Númenorern einen? Der eine enge Verwandte geheiratet hat, obwohl's verboten war? Ich würde so auf Ar-Pharazon tippen, das täte zu ihm passen. :ugly:)

mohrchen hat gesagt…

@Ranwen:
Ja, du erinnerst dich richtig:
"Tar-Míriel war die Tochter des letzten Königs von Númenor der den Getreuen angehörte, Tar-Palantir. Sie wurde von Ar-Pharazôn gezwungen ihn zu ehelichen, damit die Herrschaft in seine Hände fiel. Laut dem Gesetz Númenors war diese Heirat nicht gestattet, denn Tar-Míriel und Ar-Pharazôn waren eng miteinander verwandt."
(Quelle: Ardapedia)

Tilia Salix hat gesagt…

Ganz Offtopic, dieser Kommentar: Liebe FrauKatz, ich würde gerne den Liebster-Blog-Award an dich weiterreichen und mich freuen, falls du mitmachst. Wenn nicht, auch gut. Bleibt trotzdem meine liebste literarische Seite ;-)