Dienstag, 8. Februar 2011

Die Nebel von Avalon XXIII

Kommen wir nun von dem ganzen unglaublich bedeutungsschwangeren Zeug zu einem leichteren Thema, so leicht, dass es in Milch schwimmt: Gwünny. Die ich zukünftig immer so oder anders nennen werde, weil ich mir Gwenhwyfar ohnehin nicht merken kann. Kann ich ja nicht einmal bei normalen Namen. Außerdem klingt es nach einem feuchten Nieser. „Gwenhwyfar!“ – „Gesundheit ... igitt ... brauchst Du ein Taschentuch?“

Gwünny sitzt auf der Gartenmauer der Burg ihres Vaters Leodegranz und guckt. Dazu braucht man erst mal kein Hirn, das kann sie also. Wie sie so sitzt erfahren wir, dass Gwünny es auch nicht leicht hat: das kleine Schönchen hat Platzangst, fürchtet sich also auf freien Plätzen zu Tode und sitzt am liebsten nur daheim in einem Zimmerchen, denn da ist es sicher. Deswegen mochte sie das Kloster auch so gerne, denn da konnte man immer drinnen bleiben. Gott ist offensichtlich ein Stubenhocker.

Einmal sprach sie mit ihrer Stiefmutter Alinor darüber, die Gwenhwyfar fassungslos fragte: „Wovor denn sicher, mein Kind? Die Sachsen kommen niemals so weit in den Westen. Die Burg liegt hoch oben. [...]“
Gwenhwyfar konnte es ihr nie erklären. [...] Es war dumm, sich zu ängstigen.


Selbsterkenntnis! Glorreiche, süße Selbsterkenntnis! Willkommen in diesem Buch! Setz Dich, nimm Dir einen Muffin. Und bleibe doch, bitte!

Aber nun musste Gwünny aus dem Kloster heimkehren, da ihre Stiefmutter Hilfe mit den Kindern brauchte und das Damenkloschwert(sic) der Heirat hing nun auch immer sichtbarer über ihrem Leichtbauweiseblondköpfchen.

Auch der Gedanke zu heiraten bereitete ihr Angst. Aber dann würde sie endlich ihr eigenes Haus haben, in dem sie tun und lassen konnte, was sie wollte. Dann war sie die Herrin, und niemand würde es wagen, sich über sie lustig zu machen!


Nein, über eine Herrin, die sich nicht aus dem Haus traut, würde sich das Gesinde niemals lustig machen, nein. Nein, nein. Gewisslich nicht.

Glücklicherweise werden Gwünnys Träume von Omnipotenz durch den Anblick einer anderen Art von Potenz unterbrochen: auf der Koppel fängt sich nämlich gerade Lendenlot den bösesten und stärksten und uneingerittensten Hengst ein, den Hobbypferdezüchter König Leodegranz zu bieten hat – der untrockene Traum eines jeden heranwachsenden Mädchens: den wilden Hengst zu zähmen, oder stellvertretend wenigstens den, der ihn zähmt.

Ich würde sagen, Frau Autorin hatte hier die primäre Zielgruppe ihres Buches fest im Blick.

Lendenlot will Sattel, Zaumzeug und Kampfweise, die er bei murmelmurmelirgendeinemfernenstammmurmel gelernt hat, Leodegranz vorführen und gleichzeitig einen Pakt zwischen Leo und Hörni schmieden.

Gwünnchen erinnert sich noch an den Tag, als Lendenlot sie (in Begleitung dieser häßlichen, schrecklichen Fee!) gerettet und wieder ins Kloster gebracht hat, und ihr tleines Herzilein schlägt nun nicht nur wegen der anwesenden Landschaftsweite und Himmelshöhe schneller.

Die Verhandlungen der zukünftigen Geschäftsbeziehungen laufen etwas zäh an.

Leo: „Haja, ich bin ja nun auch kein Vasall Artus', ne? Uther, ja, der war ein Mann, aber Artus ist ja noch so ein Bübele.“

Lot: „Aber er hat die Schlacht von Wasweißich und noch weitere gewonnen! Er hat sich als König und Feldherr bewiesen!“

Leo: „Wir damals haben noch viel mehr Schlachten gewonnen! Bergauf! Durch den Schnee! Hin und zurück!“

Lot: „Aber jede Schlacht, die er gegen die Sachsen gewinnt, schützt auch Euch und Eure Ländereien. Nun seid doch mal nicht so undankbar, hier!“

Leo: „Ach, hier ist eh nicht der Ort für Verhandlungen. Ich schenke euch schon mal den Hengst, hier kann den eh keiner reiten.“

Lot: „Whooohooo!“

Leo: „Wunderbar. Jetzt gehen wir in die Halle und trinken erst mal ordentlich, dabei lässt sich viel besser verhandeln.“

Gwünny rennt schon mal vor, zieht sich das beste Gewand an, lässt die bis dahin geflochtenen Wallehaare frei wallen und setzt sich, zur Krönung quasi, noch ein kleines Goldkrönchen auf. Dann darf sie die beiden debattierenden Männer bedienen.

Gwünny: „Hallo der Herr.“

Lot: „Ja hallooo.“

Gwünny: „Darf ich euch was anbieten? Händewaschwasser, Wein, mich?“

Lot: „Watt?“

Leo: „Watt?“

Gwünny: „Äh, Händewaschwasser, Wein, Milch?“

Leo: „Ahso.“

Lot: „Ahso. Und überhaupt, wir kennen uns doch? Insel der Mönche, ne?“

Leo: „Ihr kennt euch?“

Gwünny: „Ich hatte mich verirrt, er brachte mich zurück ins Kloster.“

Leo: „Das kann ich mir vorstellen. Du Blödkopp verirrst dich doch schon auf dem Weg von der Kemenate in die Halle. Aber nun zu Männerdingen: Lendenlot, was haltet ihr von meinem Pferden?“

Lendenlot findet die Pferde super, besonders weil die Hörnischen Zuchtbemühungen mit Hochlandponys und ein paar maurischen Andalusiern zwar ganz gut liefen, aber irgendwie noch nicht ganz das gewünschte Ergebnis brachten.

Lendenlot schlägt also vor, dass er des Leos Pferde und Reiter ausbildet, und Leo selbst sie dann in die Schlacht führen darf.

Doch Leo mag nicht, er sei zu alt, und überhaupt sei er vier Mal verheiratet gewesen und hätte trotzdem nur blöde Töchter. Wenn die älteste Blödtochter verheiratet sei, dann dürfe der Schwiegersohn die Reiterei in die Schlacht führen, so.

„Sagt eurem Großkönig, er kann hieherkommen, und wir werden die Sache beraten.“

Lancelot erwiderte frostig: „Ich bin der Vetter meines Königs und sein Reiteroberst [Anm. d. Katz: Schlagobers?], aber selbst ich sage ihm nicht, was er tun oder lassen soll.“

„Dann bittet ihn eben, zu einem alten Mann zu kommen, der seinen Platz am Feuer nicht verlassen will“, sagte der König ungerührt.


Ich kann ein leise amüsiertes „Höhöhöhöh“ nicht unterdrücken, ich gebe es zu. In dieser furchtbar heiligen Vorbestimmungsschwurbelwelt ist das mal eine angenehm geradlinige Aussage.

Man wird sich einig und Lendenlot muss dann auch wieder abreisen. Beim Pferd wartet Gwünny auf ihn.

Dann trat sie ihm mit klopfendem Herzen in den Weg – würde er sie für zu dreist halten? Aber als Lancelot sie sah, lächelte er, und mit diesem Lächeln gewann er ihr Herz.

„Habt ihr keine Angst vor diesem großen, wilden Pferd?“


Nein, hat er nicht, und als wohlerzogene Lende erklärt er ihr auch gleich, dass das nichts mit Magie und so zu tun habe, auch wenn seine Mutter die Herrin von Avalon (und dem See) sei. Gwünny hat natürlich von ihren Nonnen im Kloster gehört, dass die Frauen von drüben böse Hexen seien und bla. Nönö, erwidert Lendenlot, dem sei eben nicht so.

Gwenhwyfar ließ den Kopf hängen. „Ich bin nicht klug. Ich bin sehr töricht.“


Ach, das macht nichts. Du hast lange, blonde Wallehaare und dum wonnt gut, so heißt es jedenfalls. Nachdem das hier ein Frauenmanifest sein soll, ist das alles, was man braucht, um bei Männern gut anzukommen. Sind doch eh nur triebgesteuerte Lustmolche, jawohl, während eine Frau ... zwar auch wild in der Gegend herumwonnen darf, aber dann ist das was ganz anderes! Jawohl!

Lendenlot verabschiedet sich mit den Worten „Wenn Gott es gut mit uns meint und die Sachsen noch ein paar Monde Ruhe halten, werde ich Euch wiedersehen, wenn ich im Gefolge des Großkönigs zurückkehre. Betet für mich, edles Fräulein.“

Gwünny guckt ihm nach und denkt sich, dass ihr Vater doch wohl wollte, dass der Schwiegersohn, der zukünftige, seine Pferde in die Schlacht führte, und wer wäre da besser als Schwiegersohn geeignet, als der Rittmeister des Großkönigs?

Gwenhwyfar spürte, wie sie vor Glück und Freude ganz rot wurde.


Glück und Freude halten noch genauso lange an, wie sie braucht, um zu ihrem Vater in die Halle zu gehen.

Leo: „Na, gut sieht er ja aus, aber die Hübschen haben oft nicht mehr zu bieten als ihr Aussehen. Ich bin ja noch skeptisch.“

Gwünny: „Aber er muss fähig sein, wenn der Großkönig ihn zu seinem Feldherren gemacht hat.“

Leo: „Pipperlapupp, reinster Nepotismus. Und will er Dir etwa Dein Herz rauben?“

Gwünny: „Nein, er ist ehrenwert. Und außerdem eine gute Partie.“

Leo: „G'schmarrn. Du heiratest den Großkönig, was meinste denn, warum ich den extra als Lieferung nach Hause bestellt habe? Damit ihr euch kennenlernt!“

Gwünny: „Huch?“

Leo: „Nöl ned rum, ich will doch nur das beste für Dich. Den Großkönig.“, oder in seinen eigenen Worten:

„Du kannst mir glauben, ich weiß, was das beste für dich ist; ich bin doch dein Vater. Ich beschütze dich und vermähle dich mit einem zuverlässigen Mann, der sich gut um mein hübsches, kleines Hasenherzchen kümmert.“

Seinem Zorn hätte sie sich standhaft widersetzen können. [Anm. d. Katz: Achwatt? Jetzt auf einmal?] Aber wie, dachte Gwenhwyfar verzweifelt, kann ich mich über den besten aller Väter beklagen, dem nur mein Wohlergehen am Herzen liegt?


Also ich hätte da nicht so die Probleme, aber ich bin ja auch nicht Gwünny.

... das muss gefeiert werden. Holundersirup für alle! :zahn:

14 Kommentare:

Vinni hat gesagt…

Sie nervt mich jetzt schon :p

Immerhin den väterlichen Kosenamen finde ich spaßig: kleines Hasenherzchen. *kicher* Wenn das nicht mal königlich ist.

A. Nym hat gesagt…

Schennifa ist da! *whopidoo*

O mei, die ging mir so dermaßen auf die Nerven, dass ich sie am liebsten an die Wand geklatscht hätte... bin gespannt, wie die Verkatzung von ihr weitergeht! :D

Alcarinque hat gesagt…

Damenkloschwert? *rofl*

Und herrje schwurbelt das wieder dahin. Irgendwie erwarte ich ja fast, das sie im Freien dann auch Angst hat das ihr der Himmel auf den Kopf fällt. *ugly*

Nia hat gesagt…

Ja da ist sie ja endlich in voller Wallehaarschönheit, die nervigste aller Haseninnereien :ugly:

Aus der Triangel Hörni, Lendenlot und Gwünnewünne könnte man so viel machen. Hirnschmalz hilf: Gwünny, den königlichen Jungs, Gähne und der Autorin;-)

DieJo hat gesagt…

Warum nervt sie denn? Ich finde, dass sie mal ne ganz knuffige Abwechslung zu den ganzen Priesterinnen darstellt. Ich find sie irgendwie witzig. Vor allem, weil sie Gähne in die Quere kommt. Haha.

Wüstenratte hat gesagt…

Guinevere nervt in jeder Version der Artussage, ausnahmslos.
Genauso wie Lancelot.
Wegen euch zwei Knalltüten geht die ganze Sache den Bach runter. *groll*


Und ich denke gerade "Juchuuu, Leondegrance!" und denke an Patrick Stewart. ;-)

Ranwen hat gesagt…

Gwünny: „Darf ich euch was anbieten? Händewaschwasser, Wein, mich?“

Lot: „Watt?“

Leo: „Watt?“

Gwünny: „Äh, Händewaschwasser, Wein, Milch?“

Leo: „Ahso.“


:rofl:


Gwünny: „Ich hatte mich verirrt, er brachte mich zurück ins Kloster.“

Leo: „Das kann ich mir vorstellen. Du Blödkopp verirrst dich doch schon auf dem Weg von der Kemenate in die Halle.


:rofl:

Echte Highlights mal wieder.

Und Hysteri-Gwünni (in dem Namen kamen h und y vor. Irgendwie hab ich sie immer mit hysterisch assoziiert.) ging mir in dem Moment endgültig auf die Nerven, als sie "Ich bin nicht klug, ich bin sehr töricht." sagt. Ich kann Leute mit dieser Art "if bin halt dum, tu mir nix" nicht leiden.

Und warum kann sie ihre Agoraphobie nicht einfach mal zugeben? Ist doch nicht schlimm - andere Leute mögen keine Spinnen, Schlangen, Mäuse. Sie braucht doch einfach mal nur zu sagen, daß sie's nicht mag, statt dann alles mögliche daherzuspinnen und alles schlimmer zu machen, wie sie's später tut.

Und WIE, FrauKatz ist nicht Gwünni? Soll das heißen, du trägst jetzt giftgrünen Iro?

Anonym hat gesagt…

Oh mei, ist die blond.
Übrigens ist Gwenhwyfar nur die walisische Form von Jennifer. (Man kann sie also getrost Jenny nennen...) Auf Irisch würde sie Findabhair heißen.
Abgesehen davon...was hat ein "Hasenherzchen" wie sie in diesem Buch verloren? Kontrast zu Gähne und Vivi, oder wie?

amanda james hat gesagt…

hat er echt hasenherzchen gesagt? oh mann, das erinnert mich irgendwie an eine andere blonde wallenhaarige...hasenzahn...anyone?

nicht das hier jetzt stürme der entrüstung ausbrechen: ich mag denjenigen der hasenzahn sagt!

hasenherzchen allerdings nicht!!!

gott ist die plöt!

Silph hat gesagt…

Guinevere nervt in jeder Version der Artussage, ausnahmslos.
Genauso wie Lancelot.

Dem möchte ich ganz energisch wiedersprechen. Ich bin auch kein Guinevere- oder Lancelot-Fan, aber das ist einfach nicht wahr.
*auf Lieblingsautor Gerald Morris verweis* ;)

Und Lancelot it sein... Rittmeister? Echt jetzt? *g*

Neyasha hat gesagt…

Also ich mochte Guinevere in Gillian Bradshaws Camelot-Trilogie. Umso mehr hat mich dann MZBS Gwünni genervt, mit deren ganzer Hasenherzigkeit ich nichts anfangen konnte.
Aber zum Verkatzen ist sie immerhin sehr gut geeignet! *lol*

Buchjunkies hat gesagt…

Werte Frau Katz,
wir würden dir gerne einen Blogaward verleihen - den für den versatile Blogger (http://2.bp.blogspot.com/_pLffFbjzZAk/TCoZkMMNsfI/AAAAAAAAChk/ebsbCNarvc8/s400/VersatileBloggerAward-Tekkaus.png).
Hier die dazugehörigen Optionen:
* Danke der Person, die dir den Award gegeben hat und verlinke sie in deinem Post. (Nicht so wichtig, Hauptsache Fr. Katz freut sich)
* Erzähle uns 7 Dinge über dich.
* Vergib den Award an 15 kürzlich entdeckte, neue Blogger (ham ma nur 2 geschafft).
* Kontaktiere diese Blogger und lass' sie wissen, dass sie den Award bekommen haben (gebongt).

In dem Sinne noch viele Verkatzbücher,
wünschen die Buchjunkies

P.S.: Splitterherz wäre sicher prima verkatzbar, aber der Drachenbeinthron ist auch gut...

DieJo hat gesagt…

Wieso eigentlich Holundersirup?

schildmehdchen hat gesagt…

@Silph: Jopp, das mit dem Rittmeister hat mich auch gerade ... gelinde amüsiert. *g*