Dienstag, 26. Oktober 2010

Die Nebel von Avalon XII

Jahre um Jahre zogen an uns vorbei, so zwischen den Kapiteln, und Gähne ist jetzt eine echte Priesterin mit blauem Halbmond auf der Stirn und allem.

Eines Tages wird sie zu ihrer Tante gerufen. Damit der Leser dann auch was davon hat, betrachtet Viv ihre Gähne erst einmal ausführlich, inklusive Erkenntnis, dass sie nicht schön ist. Was aber egal ist, denn:

Denn jeder, der dich kennt, wird doch für eine große Schönheit halten, wann immer du dafür gehalten werden willst.


Na, das ist doch erfreulich. Außerdem kontempliert Vivi noch ein wenig darüber, dass Gähne ihr ja gar so ähnlich ist, obwohl Iggy (Gähnes Mutter und Vivis Schwester, ne?) doch so eine beneidenswerte Schönheit mit heller Haut und rötlichem Haar war.

Ja, Genetik ist schon so eine Sache. Wenn sie will, kommt sie ganz unerwartet aus dem Busch gesprungen und tritt einem in den Hintern.

Jedenfalls hat Vivis geistig-müsthisches Frühwarnsystem angeschlagen: ihr Sohn Galahad kommt zu Besuch und Gähne möge ihn doch bitte vom Ufer abholen. Die kennt den jüngsten Sohn Vivis noch als kleinen, tappischen Prä-Teenager und hat erst mal nix dagegen.

Am anderen Ufer angekommen allerdings muss sie, huiuiui, feststellen, dass sich der gute Galahad gewaltig gemacht hat.

Der Reiter war feingliedrig, mit einem hübschen dunklen, scharf geschnittenen Gesicht, das durch die rote Kappe mit der Adlerfeder im Band und den weiten roten Umhang, der ihm anmutig über Schultern fiel, noch betont wurde. Er saß ab; die natürliche Anmut seiner Bewegungen – die Anmut eines Tänzers – nahm ihr den Atem.


Sososo. Ick höre nicht nur die Nachtigall trapsen, ick höre die Hormone tanzen, und es ist kein braver Gesellschaftstanz!

Für Gähne, die bislang voll im Avalon-Sud schwamm und nichts als „Männer sind Gebrauchsgegenstände“ sowie „Göttin hier, Göttin da, Göttin überall, hurra!“ gelernt hat, eine ungewohnte Situation.

Erschrocken stellte Morgaine fest, daß sie zum ersten Mal in ihrem Leben einen Mann mit Verlangen ansah.


Ja, kannste mal sehen. Da ist man so 19 Jahre alt, denkt, man kennt und weiß alles, und dann sowas! Bringt die ganze Lebensplanung durcheinander, eh?

So fahrn sie übern See, übern See, so fahrn sie übern See ... und zuerst erkennt Galahad Gähne nicht, dann doch, die versucht ständig, gelassen und müstheriös zu bleiben, während ihre country affairs zweifelsohne eine schlimme Regenzeit erleben (soll ja aber gut für die Ernte sein, ne?).

Sie schippern durch den Nebel und ständig fühlt sie seine Nähe, weiß, wie sich seine Haut auf ihrer anfühlen würde, fühlt ihre jungfräulichen Kniechen wackeln und will inbrünstig, dass er sie auch ohne diesen speziellen Priesterinnenzauber schön findet. Und bla, und Teenagerkeks und Drama.

Oh, da fällt mir ein, ich muss noch das Brot aus dem Tiefkühlfach holen. Gleich wieder da.

[...]

Sie unterhalten sich ein bisschen. Galahad hat die Steigbügel aus dem Land der Skythen geholt und will sie wohl jetzt unter seinesgleichen verteilen. Schick.

Das sich daran anschließende Frühstück mit Mutti verläuft allerdings nicht ganz so schick. Mutti Vivi will nämlich, dass Sohnemann ein Druide wird, während Galahad, oder Lanzelot, wie er jetzt genannt werden will, eher so ein bisschen zur kriegerischen Profession neigt.

Tatsächlich darf er die sinnvollsten Sätze sagen, die im Laufe dieses Buches bislang geäußert wurden. Er, ein Mann! :-o

„Euch wäre also lieber, ich säße still in Avalon und würde die Harfe spielen, während draußen in der wirklichen Welt der Kampf auf Leben und Tod entbrennt, Herrin?“


Vivi wird stinkig und versucht ihn umzustimmen, was aber nicht klappt und sie noch zusätzlich fuchsteufelswild macht.
Und genau hier frage ich mich, wie eine so labil wirkende Frau ständig als die Weiseste aller Weisen und die Wissendste aller Wisente dargestellt wird. Aber kaum will mal einer nicht so, wie sie sich das denkt, schon explodiert sie unbeherrscht wie ein Vulkan.

Morgaine erschrank, als sie sah, wie Viviane vor Zorn leichenblaß wurde. [...] „Ihr widersetzt euch der Herrin von Avalon, Galahad vom See?“
[...]
„Bist du etwa ein Christ geworden?“ fragte Viviane glühend vor Zorn.


Ja, wirklich unglaublich. Wie kann er es wagen. In den See, in den See, mit einem Gewicht an den Füßen!



Vivi merkt bald, dass ihr Sohn keines der bewundernden Schäfchen ist, die sie sonst umgeben, und sie so nicht weiterkommt. Also reißt sie sich mühsam zusammen und nur Gähne erkennt, dass sie wütender denn je ist.
Aber so bringt sie Galalot ganz raffiniert noch dazu, das Abendessen mit dem Merlin einzunehmen.

Hmmm. Ich würde vermuten, dass da was im Busch ist, und es ist kein Osterei.

Bis es soweit ist, verbringen Gähne und Lotti aber noch den Tag miteinander. Sie klettern auf Berge, wobei Gähne ihren Rock zwecks besserem Klettern bis zu den Knien schürzt, sie unterhalten sich über allerlei müsthische Dinge, die ich euch jetzt und hier erspare. Sie liegen auf der Erde und lassen sich mit Kraft erfüllen, gehen zum See und erlegen ein paar unschuldige Entchen, was ich zutiefst mißbillige, und schließlich kuscheln und knutschen sie sogar ein bisschen, als ...

„Jemand weint“, sagte Lancelot und stand auf. „Dort drüben.“


Schon wieder die Nachtigall. Und sie trappst ziemlich laut.

Das Mädchen war sehr jung und von entzückender Schönheit. Es schien nur golden und weiß zu sein; die blasse Haut wirkte wie Elfenbein mit einem Anflug von rosa; die Augen waren von hellstem Himmelblau, und die langen blonden Haare schimmerten im Nebel wie reines Gold. Es trug ein weißes Kleidchen und mühte sich vergeblich, es nicht naß werden zu lassen.


Ihr Lieben, ich darf euch die schnuckelige Gwenhwyfar vorstellen. Lancelot ist sofort bis über beide Ohren und alle Lanzen verliebt. Gwenny hingegen ist mit der momentanen Situation leicht überfordert, wenn man sich ihre Konversation mit Gähne so ansieht.

„Ihr könnt kein Dämon sein, dann Ihr verschwindet nicht, wenn ich das Kreuz schlage. [...] Aber ihr seid klein und häßlich wie die Feen ...“


Mei, was für ein charmantes Mädel. Stört Lancelot, der mittlerweile wohl nur noch mit seinem downstairs brain denkt, aber nicht die Bohne. Gähne hingegen ist, wer wollte es ihr verdenken, enorm verstimmt. Gerade noch wollten sie und Lancelot ein paar Dinge ausdiskutieren, da kommt auf einmal dieser greinende rosa Goldlockenengel vorbei und ebenso vorbei ist es mit Lottis Aufmerksamkeit. Super.

Trotzdem bringt sie Gwenni, die zufällig durch eine dünne Stelle des Nebels aus ihrer Klosterschulenwelt nach Avalon gerutscht ist, zurück auf die normale Insel der Mönche. Auf dem Weg muss Gwenni natürlich nochmal erwähnen, wie hässlich Gähne doch ist, damit es der Leser auch ja mitbekommt.

Sie hörte, wie Gwenhwyfar [Lancelot] mit mädchenzarter Stimme fragte: „Aber Ihr, Ihr gehört doch nicht an diesen schlimmen Ort, nicht wahr? Denn Ihr seid nicht klein und häßlich wie diese aus dem Volk der Feen ...“


Meine Herren. Heute war Hirn schon aus, wa?

Lotti und Gähne bringen den Rauschgoldengel mit den nassen Füßchen also zurück und zum Abschied webt Gähne noch schnell den Majestäts-Zauber um sich, damit sie groß und eindrucksvoll erscheint.

Das verwirrt Lancelot.

Wie hast Du das gemacht, Morgaine?“
„Wie habe ich was gemacht?“ fragte sie zurück.
„Plötzlich wirktest du so ... so ... wie meine Mutter. Groß, kühl und entrückt und ... nicht ganz wirklich. Wie ein Dämon. Du hast dem armen Mädchen Furcht eingejagt. Das hättest du nicht tun sollen!“


Gähne, hau ihm eine rein. Bitte.

Doch nein, Gähne ist ja eine Priesterin und Stellvertreterin der Göttin (welcher? Valiumba?), da reißt man sich zusammen und wird höchstens kryptisch.

„Vetter, ich bin, was ich bin.“


Du darfst.



Auf dem Rückweg fühlt sie sich dann nicht so gut und schreitet ein wenig schneller aus, als Lotti hinterherkommen kann.

[A]ber es kümmerte sie nicht. Von hier aus konnte er den Weg selbst finden.


Ja, echt jetzt.

Arsch.

20 Kommentare:

Alcarinque hat gesagt…

Wissendste aller Wisente
*rofl*

Meine Güte, das ist schon irgendwie vorhersehbar, gut das ich es dann doch nie gelesen habe.
Darkover habe ich nie so extrem in Erinnerung, aber die kann bekanntlich täuschen, ein paar solche Stellen gibt es dann schon auch.

Neyasha hat gesagt…

*prust* Das ist eine der herrlichsten Kapitelzusammenfassungen aller Zeiten. *find*
Lancelot hätte ich in dem Kapitel nur noch durchwatschen wollen - und Gwenny ... naja, die etabliert sich ja hier bereits als doofste Zicke überhaupt. Mit der werden wir noch sehr viel Spaß haben. %-)

Winterkatze hat gesagt…

"Darkover" war nie so schlimm! Die Darkover-Romane lese ich heute immer noch gern zur Abwechslung. "Die Nebel von Avalon" habe ich sogar als Teenager gerade mal bis zum dritten Kapitel durchgehalten. ;)

Umso schöner ist es, dass ich jetzt auf diesem unterhaltsamen Weg erfahre, dass es eine gute Entscheidung war. :D

Luna hat gesagt…

Jetzt weiß ich wieder, warum Gwenny meine Top Ten der unbeliebtesten Buchcharaktere anführt!

Möchtegern ... hat gesagt…

Mir spielte sich gerade folgende Szene im Kopf ab:


Morgaine: Findest du mich schön?
Gwenhwyfar: Nein, du bist hässlich!
Morgaine: Ich bin nicht hässlich! Ich bin schön!
Gwenhwyfar: Aber …
Morgaine verschränkt trotzig die Arme: Ich will aber, dass du mich schön findest! Also!
Gwenhwyfar: Aber …!
Morgaine: Na!
Gwenhwyfar: Na gut, du bist ein schöner Dämon.


Muss an der MIttagsmüdigkeit liegen (und Buffy und Shakespeare-Beispiele zusammen machen das nicht besser! *grummel*)

Siliel hat gesagt…

Ich habe mich gerade in der Schule heftigst zusammenreißen müssen, um nicht laut zu lachen... Meine Güte, was für ein literarisccher Schwachsinn!

ozyan hat gesagt…

Oh. Mein. Gott.

Zuerst war mit Lancelot ja noch ganz sympathisch, von wegen kein Druide und so, aber am Ende des Kapitels hat er versch..., äh, verschenkt.


In der aktuellen P.M. History geht's übrigens um Artus, und da ist auch ein Schaubild der Beteiligten dabei, anhand dessen ich gerade versuche, den Überblick zu behalten, aber irgendwie hat entweder die Redaktion oder Frau Zimmer-Bradley da einiges durcheinander gebracht...

amanda james hat gesagt…

frau katz, sie haben mal wieder eine unglaublich tolle zusammenfassung des kapitels geschrieben
*verneig*

und gwenny/greini ist ja mal sowas von blöd! die mochte ich schon nicht, als ich vor jahzehnten(?) die nebel selber las. die hatte mir zuwenig zwischen den ohren. und das ganze trara un sie hab ich auch nie verstanden.

Neyasha hat gesagt…

Was mich vor allem geärgert hat, war, dass Lancelot zuerst als recht intelligenter und sympathischer Charakter eingeführt wird - und dann dieser blöden heulenden Zicke verfällt, weil sie halt so engelsgleich aussieht.
Kopf -> Wand

schildmehdchen hat gesagt…

Oh ja, das Headdesk-Kapitel. Boah, da hätt ich schon beim ersten Lesen reihum die Charas schütteln und abwatschen können.

Im Übrigen schließe ich mich Alcas Lachanfall über die Wisente an. *nick*

DieJo hat gesagt…

Ich hätte einen Namensvorschlag für Lotti: Lenden-Lanze (man beachte die beinah shakespeare'sch anmutende Doppelbedeutung) ;)

Ranwen hat gesagt…

Ich möchte mich dann auch mal Alca anschließen, was die Wisente betrifft. :rofl:

Überhaupt - mal wieder eine Zusammenfassung, wo ich laut gelacht habe.

[i]Lancelot ist sofort bis über beide Ohren und alle Lanzen verliebt.[/i]

*wegschmeiß*

Und ja, an das Kapitel im Buch erinnere ich mich sehr gut. Watschen, reihum. :doh:

Galahad wird vorgestellt und scheint erst mal gar nicht soo blöd (dafür, daß er ein Mann ist... und wohl ein Christ), und dann taucht Tussenzicke Nr. 1 im Nachthemd auf und er schaltet sofort das Gehirn ab.

Aaargh. Man möchte brechen.

Am besten über MZBs Schreibtisch. :ugly:

FrauKatz hat gesagt…

Dieser Spontanumschwung von der Lendenlanze ist bestimmt sorgfältig geplant um uns zu zeigen, dass ALLE MÄNNER, egal, wie kompetent und vernümpftig sie uns zuerst erscheinen mögen, im tiefsten Inneren doch Lumpen sind. Jawohl!

:ugly:

Ranwen hat gesagt…

Och, wasn? "Du erinnerst mich an meine Mutter" ist doch auch schon eine ziemlich kompetente Anmache. :ugly:

(Denn, so weit ich mich erinnere, war Lanzen-Lotti zunächst mal gar nicht so abgeneigt, mit Gähne Dinge zu diskutieren... genau so lange, bis die heulende Blondine auftauchte. :ugly:)

Übrigens habe ich mich auch noch über "Du darfst" scheckig gelacht, btw.
Hab ich vorhin glatt zu erwähnen vergessen.

Halefa hat gesagt…

Jap, Lendenlanze hatte anfangs nix gegen die Gähne einzuwenden. Und wenn ich mich recht erinnere, wird ihm das im Laufe des Buches genauso oft vorgeworfen, wie bei Martha nach Meißen geritten wird.

Silph hat gesagt…

Lanzelot... *g* Kann ja jeder finden, was er möchte. Darum mal ganz bezugsfrei so zur Unterhaltung.

http://www.youtube.com/watch?v=YFy-X0KItYU

mohrchen hat gesagt…

Testen wir doch mal, ob wir noch einen Kommentar hinterlassen können.

Ranwen hat gesagt…

FrauKatz kann übrigens mysteriöserweise im Moment nicht posten, weil das System sie nicht läßt.
Und sie hätte gepostet, daß sie nicht posten kann, wenn sie posten könnte.
Und ich wollte wenigstens testen, ob die Kommentare noch funktionieren.
Ende der Durchsage.

Neyasha hat gesagt…

Liebe FrauKatz!

Für die herrlichen Verkatzungen der ... öhm ... literarischen Meisterwerke ;-) und die Begeisterung, mit der ich diesen Blog verfolge, gibts von mir diesen Award:
http://neyasha.blogspot.com/2010/11/guter-lauf-beim-nanowrimo-und-ein-award.html

Er ist keinesfalls mit der Verpflichtung verbunden, ihn anzunehmen und weiterzugeben, sondern soll einfach eine Freude machen und hoffentlich ein paar Leser meines Blogs hierher führen. ;-)

Liebe Grüße,
Neyasha

Mockturtle hat gesagt…

Lancelot ist sofort bis über beide Ohren und alle Lanzen verliebt.

Prust, Geier, Brüll... Es ist zwar ungefähr ähnlich anspruchsvoll, wie der gesamte Inhalt der Nebel, aber ein herrliches Wortspiel. Da soll noch einer sagen, soetwas gibt es nur in der englischen Sprache.... *gg*

Aber ehrlich, den Lanschelot, den mochte ich hier nie... so ein *biiiep* ...