Sonntag, 28. Dezember 2008

Die Hebamme V – Der Fluch

Die Siedler wollen noch einen kurzen Umweg einlegen, um einen Einsiedler zu besuchen. Während die segnungswürdigen Bauern in spe sich durch den Wald schlagen, geht Marthe Kräuter und Dinge sammeln.

Doch sie war kaum ein paar Schritte gegangen, als sich eine Hand schwer auf ihre Schulter legte. Sie zuckte zusammen und drehte sich schreckensbleich um.
Doch hinter ihr standen nicht etwa Oswald oder Ludolf, wie sie befürchtet hatte, sondern Lukas, der Knappe.


Laut Beschreibung stinken Ossi und Luddi 10 Meilen gegen den Wind. Darüber hinaus kann uns Marthe sogar den kein Geräusch machenden (und bestimmt wohlriechenden) Christian „erspüren". Aber hey, hauptsache erst mal wie ein scheues, bedrohtes Rehlein reagiert. *runzel*

Es wirkt auch, denn Lukas klettert für sie auf einen Baum, um ihr Mistelzweige zu holen. Miraculix konnte das auch ohne Hilfe, aber für ein zartes Weibi schickt sich das ja nicht.
Gut, im Lumpenrock ist nicht leicht klettern. Gestehen wir ihr zumindest das zu.
Marthe bemerkt, dass Lukas seinen linken Arm beim Klettern schont und *wuppes* kommt ihr Frollein Rottenmeyer heraus und sie befiehlt ihm, ihr seinen Arm zu zeigen, damit sie ihn behandeln kann.

Lukas war zu verblüfft darüber, dass von der Schüchternheit des Mädchens plötzlich nichts mehr zu spüren war, um zu widersprechen.

Ja, wenn das Wohlergehen eines Mitmenschen auf dem Spiel steht, kann selbst unser höchst hilfloses Hasi energisch werden.

Während Marthe Sue ihn verarzt erzählt Lukas ein bisschen: verbeult wurde er von Drago, dem Grauschimmel Christians. Der ist nämlich ein wahrer Satansbraten und niemand darf ihn anfassen, geschweige denn reiten. Nur Christian, jawoll. Außerdem fällt ihm Marthe jetzt erst mal richtig auf.

Bis eben hatte er dieses magere, in Lumpen gehüllte Ding kaum zur Kenntnis genommen. Die teils versteckten, teils offenen Rangeleien, die die jungen Burschen längst um sie austrugen, ohne dass sie davon etwas zu bemerken schien, belustigten und verwunderten ihn gleichermaßen.

Da schreitet Marthe anmutig voran, die Schneise von sich um sie prügelnden Kerlen hinter sich nicht bemerkend. Bitte anstellen und eine Nummer ziehen, jeder kommt mal dran.
Hm, vielleicht sollte ich den letzten Satz in Spoilertags stecken. Andererseits kann so niemand behaupten, er wäre nicht gewarnt worden.

Lukas versucht es auf die humorvolle Weise und meint, wenn Drago (fremdländisch für „Mistvieh") ihn nicht so lädiert hätte, dann würde Marthe ihm jetzt auch nicht mit sanfter Hand einreiben, und das wäre doch schade.

Erschrocken zog sie ihre Hand zurück. Sie hatte nichts weiter gewollt, als seine Verletzung zu kurieren. Hatte er das falsch verstanden? Würde er jetzt etwas ganz anderes von ihr einfordern?

Ja, bitte, dann haben wir es endlich hinter uns.

Höret die Geigenklänge der unverstandenen Marthe. Nichts, absolut nichts anderes will sie in ihrer reinen Unschuld als Verletzungen kurieren und ihren Mitmenschen Wohlbefinden spenden. Zu helfen, das ist ihr einzig' Wunsch auf dieser Welt. Doch ach, doch ach, alle wollen nur mit ihr ins Gebüsch! Ständig! Ununterbrochen! Ein Schicksal, schlimmer als der Tod, schluchz.

Tiefes Mitgefühl beutelt mich. Ich muss mal grade eben vor die Tür um meine Beherrschung wiederzugewinnen.

[...]

So. Besser. Wo waren wir? Ahja, Marthe rubbelte grade Lukas' ... Arm. Alle, die auf graphische Beschreibungen des sehksuellen Aktes in Büchern stehen, muss ich jetzt enttäuschen, Lukas gehört zu den dreieinhalb Männern in diesem Buch, die tatsächlich anständig und nicht sinn- und hirnlos bösartig sind.

Um die peinliche Stille zu überbrücken erzählt er weiter einen vom Pferd. Wie Drago keiner reiten konnte und sie ihn schon töten wollten, als Christian, der strahlende Ritter, ankam und ihm den Sattel auflegte.

„[...] Aber als er dem Biest zum ersten Mal den Sattel auflegte, hätte niemand auf sein Leben auch nur einen Vierting setzen wollen. [...] Aber ihm schien es einfach egal zu sein, ob ihm die Bestie gleich zu Tode stampfen würde."
Betroffen starrte Marthe ins Leere. Das war es! [...] Es war Christian gleichgültig gewesen, ob er sterben würde. Das Tier musste gespürt haben, dass dieser Reiter im Gegensatz zu allen anderennicht die geringste Spur von Angst [...] fühlte. Als Drago ihn nicht abwerfen konnte, erkannte er den Ritter als seinen Herrn an.
[...] Was er wohl erlitten haben mochte, um sich den Tod zu wünschen?, fragte sie sich bekümmert.

Achja, ein gebrochener Mann, den nur die Liebe einer guten Frau wieder ins Leben zurückzuholen vermag. Wenn die gute Frau mal langsam in die Puschen kommen und ihre Energien nicht ständig darauf verschwenden würde, Angst davor zu haben, von jedem Gänseblümchen angefallen zu werden. Tssssssk. Just saying.

Lukas erzählt dann noch, dass der Hengst (es ist naTÜRlich ein Hengst) dann aber auch wirklich nur Christian auf seinem Rücken duldete, da ...

„[...] Was ist denn los?"
Marthe war plötzlich herumgewirbelt und starrte mit schneeweiß gewordenem Gesicht in den Wald. [...]
„Etwas ist da draußen passiert", murmelte Marthe.

Ich begann mir schon Sorgen darum zu machen, wo die obligate Vision des Kapitels bleibt, aber jetzt ist ja alles in Ordnung. Weitermachen.

Was ist nun passiert, „da draußen"? Die Siedler haben den Einsiedler gestört. Der stand grade sooooooo *zeig* kurz davor eine Vision zu haben, aber nun isse weg, die Siedler seinen Schuld, die hätten seinen Flow ge-stört und nun verflucht er sie lauthals, was die anscheinend einfach gestrickten Siedler gehörig ver-stört.

Christian nimmt sich der Sache an, bescheidet dem Einsiedler, doch jetzt bitte die Klappe zu halten (der erscheint ihm gar verdächtig gut informiert für einen Waldschrat und unser Ritter wittert faules Spiel) und bringt seine schreckensbleichen Schäfchen zurück zum Lagerplatz. Dort angekommen stellt er das Grüppchen pädagogisch wertvoll vor die Wahl: entweder sie gingen jetzt zurück, das sei jedem freigestellt, oder sie kämen weiter mit, dann wolle er aber auch kein Geunke und Gejammer hören!

Nach ein bisschen Hmpf, Pfmpf, Nuja, Hmmm kommen dann aber doch alle mit. Weiter unter Wulfis Knute zu stehen scheint doch eine weitaus unangenehmere Vorstellung zu sein als so ein bisschen verflucht ein neues Leben anzufangen.

Auf dem Weg bricht dann die schwindsüchtige Wilhelma zusammen. Marthe wird geholt, kann aber, wie zuvor, nicht viel für sie tun. Wilhelmas Mann Wiprecht, die beiden Töchter und der Sohn nehmen Abschied und dann ist es auch schon vorbei.

Christian macht sich natürlich Vorwürfe, ungeachtet der Tatsache, dass Wilhelma schon krank war, bevor er sie überhaupt kennenlernte. Die Stimmung ist gedrückt und Marthe Sue kommt mit der alten Grete ins Gespräch. Sie fragt, warum Grete auf ihre alten Tage mit Christian mitzieht.

„Weißt Du, Mädchen, ich habe etliche Herren kennen gelernt. Wulfhart und seinen Vater und dessen Brüder [...] ... Keiner von denen hat etwas getaugt. [...] Bevor ich sterbe, will ich sehen, ob es doch noch so jemanden gibt wie in den alten Geschichten – einen gerechten Herrn, der sich um seine Leute sorgt, statt sie bis aufs Blut zu quälen. Ich denke, Ritter Christian könnte so einer sein."
„Und wenn Du dich irrst?"
[...]„Du spürst es doch auch!"
Marthe fühlte sich einmal mehr durchschaut und schwieg betreten.


Cut zu Christians Gedanken:

Vielleicht konnte er mit diesen Menschen einen Traum verwirklichen, über den er noch zu niemandem gesprochen hatte. Einen Traum von einer Gemeinschaft ohne Hunger, Willkür und Gewalt.

Unser Ritter ist ein Juwel sondergleichen in dieser finsteren Welt. Er hat einen Traum. Siedlung of Love, quasi.

Und vielleicht würde ihm die neue Aufgabe helfen, die bitteren Erinnerungen und den Schmerz zu überwinden, die ihn ausfüllten. Solange er diese Hoffnung hatte, wollte er nicht aufgeben. Noch nicht.

:schindlergeigen:

Ich bin extrem ergriffen und deswegen froh über das Ende des Kapitels. Meine Tränen würden sonst einen Kurzschluss im Laptop verursachen. Schnief.

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Schindlergeigen! *rofl* Hat mir gerade das Frühstück versüßt. Weitermachen! =D

Anonym hat gesagt…

Naisdochwahr. ;-)
Warum Chris als suizidaler Emo-Drama-King dargestellt wird ist schon klar: damit das Wunder, wenn er durch Marthe Sue wieder Schpass am Leben hat, größer wirkt.

Trotzdem.

:fuchtel:

:ugly:

Anonym hat gesagt…

Mir hats grad den Abend versüsst. Ich lach mich hier schlapp... echt.

Ich bin gespannt wie es weitergeht. Aber lass dir gesagt sein, ich bewundere dich, dass du dich da durchquälst. Anders kann man das nicht bezeichnen. Ich hätt schon längst das Weite gesucht...

Anonym hat gesagt…

Aber lass dir gesagt sein, ich bewundere dich, dass du dich da durchquälst.
Aaaaaaach, soooooo schlimm ist es nicht. :handwedel: Immerhin passiert was. Und Christian sieht aus wie James Purefoy. Und Randolf wie Dolph Lundgren. Ossi und Luddi wie Pintel und Ragetti. Ich statte quasi meinen eigenen Film aus und habe Spaß. :ugly: