Dienstag, 1. Februar 2011

Die Nebel von Avalon XXI

Gähne ist wieder in Avalon und noch immer fest entschlossen, das Hörni-Kind zum Konjunktiv werden zu lassen, hätte sein können. So schleicht sie sich im Morgengrauen aus dem Haus der Jungfrauen, wo sie noch immer wohnt, und schleicht in die Botanik Avalons. Sie weiß nun ja genau, welche Kräuter sie sammeln muss, schließlich kennt sie sich mit der Materie aus.

Morgaine verstand etwas von Kräutern und war eine gute Hebamme.


Also, eine gute Hebamme sollte aber doch schon Anzeichen einer Schwangerschaft erkennen, oder? Gut, die schiere Heiligkeit und Bedeutung mag ihr den Blick vernebelt haben, aber so alles in allem ...

Ungeachtet meiner Zweifel an ihrer Befähigung sucht Gähne weiter nach den speziellen Kräutern und muss unvermittelt feststellen, dass sie sich plötzlich in einem Teil von Avalon befindet, den sie nicht kennt. Völlig abwegig, da sie doch alle Ecken und Winkel der heiligen Insel in den letzten Jahren kennenlernte. Komische Sache. Sonne gibt's auch keine mehr, nur (zweifelsohne heiliges) Strahlen von allen Seiten.

Als sie dann einen Baum trifft, wird ihr klar, dass sie nicht mehr in Kansas ist.

Diesen Baum hätte sie nie übersehen oder nicht kennen können. Ein so alter und verehrungswürdiger Baum hätte bei den Druiden sicher als heilig gegolten.


Anstatt ihre Lage zu analysieren oder zumindest schon mal umzudrehen geht sie aber weiter, immerhin wollen die Haselsträucher, die noch nie von Menschenhand berührt wurden, auch ein bisschen Aufmerksamkeit. Nicht immer dreht sich alles nur um alte, verehrungswürdige Bäume, echt mal jetzt.

Auf einer Lichtung (denn es muss immer eine Lichtung sein) kniet sie sich hin, prokelt die benötigten Wurzeln aus dem Boden, fühlt sich beobachtet und tatsächlich, beim dritten Mal steht dann da unter den Bäumen auch eine Frau.

Sie wirkte [...] wie eine Priesterin oder Königin.


Aber sicher das. Gibt es in diesem Buch eigentlich Frauen, die weder das eine noch das andere sind? NORMALE Frauen? Mit Namen? Nein? Dachte ich mir.

Und die Frau, die kennt Gähne auch noch! Zumindest spricht sie sie mit ihrem Namen an. Der gewiefte Leser weiß sofort: oha, hier geht etwas nicht mit rechten Dingen zu! Erst die verehrungswürdige Eiche, dann der unberührte Haselstrauch und jetzt eine königliche Frau, die Gähnes Namen kennt! Boah!

Frau: „Na, Gähne, was geht?“

Gähne: „Nachdem Ihr meinen Namen kennt, wisst ihr sicher auch, was abgeht. Oder abgehen soll.“

Frau: „Ochja, zugegeben. Und wieso?“

Gähne: „Geht's Euch was an?“

Frau: „Also MEIN VOLK ehrt das Leben ja so grundsätzlich, schon weil wir nicht so leicht gebären. Wahrscheinlich weil wir auch ewig lange leben, ich vermute schon lange, dass es da einen Zusammenhang gibt.

Aber allgemein wundert es mich einfach, dass Du das einzige Kind, das Du im Leben haben wirst, einfach so konjunktivieren willst.“

Gähne: „O Göttin, ich bin wie meine Mutter. Auch das noch! Aber ... das könnt Ihr doch gar nicht wissen. Ich könnte jederzeit noch Dutzende Kinder haben! Gleich Morgen! Wenn ich nur wollte!“

Frau Fee: „Nö. Also überleg's Dir nochmal. Ist immerhin ein Geschenk des offiziellen Göttinnen-Hörni.“

Gähne: „Wo bin ich hier eigentlich?“

Frau Fee: „Könntest Du eh nicht aussprechen, also nennen wir es mal Haselhain, das klingt nett und Feen und Menschen stehen eh auf Alliterationen. Auf diesem eben noch nicht dagewesenen Pfad geht's übrigens Heim.“

Gähne: „Ich könnte schwören, der sei eben noch nicht dagewesen.“

Frau Fee: „Nein, wirklich? Oh, und wenn Du so gar nicht willst ... ich könnte Dich verzaubern, bis Du das Kind hast, und es dann behalten. Wir Feen klauen den Menschen ja gerüchteweise gerne mal die Kinder, aber in diesem Fall wäre es natürlich nur reinste Herzensgüte. Das Balg wird eh nur Mist bauen, so sehr er auch versucht, Gutes zu tun. Andererseits ist das ja bei euch allen so.

Also, wie isses?“

Gähne: „Mich überkommt gerade abergläubische Furcht. Ich werde dann mal den eben noch nicht dagewesenen Pfad entlangrennen. Ihr könnt mir ja noch eine kryptische Vorhersage hinterherrufen.“

Frau Fee: „Ja, das können wir so machen.“

Gähne: *renn*

Frau Fee: *kryptische Königsvorhersage*

Schließlich durchbrach sie das Verhangene und starrte in die gleißende Sonne. Schweigen umgab sie, und Morgaine wußte, daß sie wieder auf dem vertrauten Boden von Avalon stand.


Wie schön. Kommen wir nun zu Vivi, die gibt's ja auch noch. Die bejammert sich noch immer selbst, weil sie schließlich nur tut, was sie tun muss, und deswegen die Liebe der Gähne verliert. Gähne, die sie liebte, wie dereinst ihre erste Tochter, die sie aber schon bald begraben musste (im Haselhain, da guck) und seither niemanden mehr richtig lieben konnte. Ja, so tragisch ist die Geschichte der Vivi, und voller Mißverständnisse.

Vivi schleicht also zu Gähne, um sie im Schlaf zu betrachten, sinniert über die schlimmen Zeiten und visioniert von der Todesbotin, denn auch der Tod ist weiblich hier; so eine delikate und schwierige Aufgabe kann man schließlich keinem Mann überlassen, wo kämen wir denn da hin!

Am nächsten Morgen lässt Vivi Gähne zu sich kommen. Gähne kommt voll aufgebrezelt und versucht, eine Aura des Unnahbaren um sich zu verbreiten.

Vivi: „Na, und? Die Riten sind ja jetzt auch schon ein bisschen vorbei. Wie sieht's denn so aus? Schwanger?“

Gähne: „Ich hab's abgestoßen!“

Vivi: „Gar nicht!“

Gähne: „Aber ich werde!!!“

[Morgaine] ist mir entwachsen. Ich kann sie nicht mehr einschüchtern. Trotzdem setzte Viviane ihre ganze Würde ein und sagte: „Und du wirst es NICHT tun! Das königliche Blut von Avalon darf nicht verworfen werden!“


Gähne: „Wie kannst Du das nur tun! Ich dachte, Du liebtest mich!“

Vivi: „Tu ich ja auch! Aber ich habe auch vorausgesagt, dass Du mich dereinst hassen würdest. Ist jetzt soweit, falls Du es noch nicht selbst gemerkt hast.“

Gähne aber ist stinkwütend:

„Aber ich bin nicht länger euer Spielzeug. Das Kind, um dessentwillen ihr Himmel und Erde in Bewegung gesetzt habt, werde ich nicht in Avalon gebären. Diesen Triumph gönne ich euch nicht! [...]
Möge die Göttin an Euch handeln, wie Ihr an mir gehandelt habt, Herrin.“

Ohne ein weiteres Wort drehte sie sich um und stürzte aus dem Haus.


Vivi bleibt erst einmal erschüttert sitzen, und als sie sich am Abend wieder berappelt schickt sie eine Priesterin(hargh!) los, um Gähne zu holen. Mit der Begründung, dass sie ihr vor 8 Stunden ja nicht erlaubt hätte zu gehen.

Meine Güte, dass Vivi bei der Reaktionszeit noch irgendwas gebacken bekommt, geschweige denn die inthronisierung ihres Favoriten, ist wirklich erstaunlich.

Die Priesterin kommt nach langer, langer Zeit wieder und muss berichten, dass Gähne sich allem Anschein nach aus dem Staub gemacht hat. Tjo. Vivi ist verwirrt und will von ihrer höchstpersönlichen Tochter visionieren, sieht aber nur Schatten und das Schwert ihres Sohnes Balan.

Der Rest des Kapitels ist wieder so eine Erzählgeschichte von Gähne. Kurz gesagt haben die kleinen dunklen Ruderer keinen Verdacht geschöpft, als sie die Insel verließ.

Ich wollte nicht Vivianes Werkzeug sein und meinem Bruder einen Sohn schenken, weil die Herrin vom See ein geheimes Ziel verfolgte.


Außerdem hat sie sich dazu entschlossen, das Kind bei Morgi zu bekommen. Na Prost Mahlzeit.


Zwei Dinge, die mich irritieren: Erstens wird längelang von der allgemeinen Heiligkeit des grundsätzlichen Frauseins und überhaupt geschwafelt, letztendlich stecken aber alle genauso in diesem Kastensystem mit Wertigkeiten wie das böse, dumme Christentum. Das königliche Blut und tüdelüt.

Zweitens wird in einem früheren Kapitel ebenso längelang darüber lamentiert, dass die blöden Christen so versessen auf die Jungfräulichkeit wären, während die coolen Kelten munter freie Liebe machend durch die grünen Wiesen hüpften; andererseits ist die Jungfräulichkeit bei Gähne vor dem Hörni-Ritual auf einmal auch uuuuuuuunheimlich wichtig und ohne geht ja nicht und so weiter. Wo liegt denn da bitte der Unterschied?

Drittens (jaja, ich weiß): in diesem Kapitel kommt das Wort „Priesterin“ eindeutig zu oft vor. Gähne ist eine Priesterin, kleidet sich wie eine Priesterin, steht auf wie eine Priesterin, benimmt sich wie eine Priesterin, ist ungerührt wie eine Priesterin, die Frau unter den Bäumen wirkt wie eine Priesterin, Viviane hat die Stimme einer erfahrenen Priesterin, nach einer Weile steigt in einem echt der Wunsch hoch, einen Baum anzuspucken. Und normalerweise mag ich Bäume.

Damit beschließen wir den Teil des Buches, der „Die Hohepriesterin“ hieß und kommen zu „Die Königin“. Vielleicht verringert sich da ja mal der Wortdurchsatz mit „Priesterin“ ein wenig.

14 Kommentare:

Rabenfeder hat gesagt…

>>Damit beschließen wir den Teil des Buches, der „Die Hohepriesterin“ hieß und kommen zu „Die Königin“. Vielleicht verringert sich da ja mal der Wortdurchsatz mit „Priesterin“ ein wenig.<<

Na, vermutlich steigt dann der Wortdurchsatz von "Königin" enorm ...

>>Ihr könnt mir ja noch eine kryptische Vorhersage hinterherrufen.<<

*rofl*

Mei, ich bin froh, dass ich das nie gelesen habe. Sonst hätte ich die Morgi-Söhne im Falken des Lichts kaum ernstnehmen können. Und überhaupt. Diese starken Frauen kommen mir irgendwie nicht so besonders stark vor. ;)

btw. @Katz: Willst du die Seife noch?

Ranwen hat gesagt…

Die Katze fragt sich genau die Dinge, die ich mich auch fragte.

Vor allem: Jungfräulichkeit, bah, das ist pöhser Christenkram. Uns ist das unwichtig. Ah, no wait, doch nicht. WTF?

Silph hat gesagt…

Jungfräulichkeit an sich schon, aber nicht, wenns um Religion geht. Bei den Christen ist Jungfräulichkeit immer wichtig, auch ohne Religion. Oder so. *handwedel* Das sind ja Männer, das braucht nicht logisch zu sein.

DieJo hat gesagt…

Warum nochmal ist Gähne plötzlich so stinkig? Ich dachte, sie hätte vollstes Vertrauen in die Göttin (tm), für die sie ja wortwörtlich hauchend ihren Körper hergegeben hat. Und nu hat sie plötzlich eigene Pläne? Werden wir plötzlich weltlich? Und unmühstisch?

DieJo hat gesagt…

...aber zumindestens hat mal jemand eigene Gedanken und ist nicht nur Spielball des mühstischen Schicksals und der Vorhersagen.

Rabenfeder hat gesagt…

@Jo: sind das ihre eigenen Gedanken? Wenn Vivi doch schon vorhergesehen hat, dass Gähne sie hassen wird, dann ist das doch auch Schicksal.
Also von wegen selbstbestimmte Frauen und so.

Vinni hat gesagt…

Warum hacken eigentlich immer alle auf Iggys Unfruchtbarkeit rum? Sie hat doch zwei Kinder bekommen - und ihrem ersten Gatten weitere Kinder auch nur willentlich verweigert, nicht mangels eingeschränkter Fruchtbarkeit?
*kopfkratz*
(Ich muß mich bei dem ganzen Geschwurbel an ein paar konkreteren Fragen festhalten)

DieJo hat gesagt…

@Rabenfeder: "weil die Herrin vom See ein geheimes Ziel verfolgte" --> Ist Gähne nicht die Herrin vom See? Wenn nein, wer ist es dann? Vivi?

Rabenfeder hat gesagt…

@Jo:

Ja, ich hätte gedacht, Vivi, bzw. die mysteriöse Göttin, die sie ja alle sind, oder irgendwie repräsentieren, wäre die Herrin vom See. Jetzt bin ich auch verwirrt. Hm ...

Na ja, was ich auf jeden Fall meinte: bei dem ganzen Schicksalsgedöns und die Prophezeiungen und so kommen mir die Damen und Herren alle nicht gerade selbstbestimmt und stark vor.
Wenn sowieso alles vorhergesagt wird. Ich hätte gedacht, in einem so offensichtlich emanzipiert gemeinten Roman hätten die Damen ein bisschen mehr Selbstbestimmung.

Shay hat gesagt…

>>Also, eine gute Hebamme sollte aber doch schon Anzeichen einer Schwangerschaft erkennen, oder?<<

Also das ist mir vollkommen klar. Das sieht das deutsche Recht genauso. Denn wenn die Polizei jemanden festnimmt, muß sie ihn über seine Rechte belehren, sonst können seine Aussagen später nicht verwendet werden. Eine Ausnahme ist, wenn der Festgenommene mit seinem Anwalt gesprochen hat, denn dann kann man davon ausgehen, daß ihn der Anwalt über seine Rechte aufgeklärt hat. Nur wenn man einen Anwalt verhaftet, kann man nicht davon ausgehen, daß er seine Rechte kennt.

Also ist es doch vollkommen logisch, daß eine erfahrene Hebamme keine Ahnung hat, woran sie an sich selbst eine Schwangerschaft feststellen könnte.

:-)

schildmehdchen hat gesagt…

@Vinni: Danke, die Frage stell ich mir auch schon die ganze Zeit. Wieso sollte Iggy unfruchtbar sein? *kopfkratz*

Und: Uh. Königinnen-Teil. Das heißt, Greini kommt häufiger vor, oder? Uhoh.

Silph hat gesagt…

Die sind alle die Herrin vom See. Schon bei Malory gabs ganz viele Damen vom See, die haben sich nur weiterentwickelt. ;)

A. Nym hat gesagt…

Iggies "Unfruchtbarkeit" kam daher, dass sie außer Artus keine weiteren Kinder mit Uther hatte.
Da Iggy und Uther ein von der Göttin vorherbestimmtes OTP waren, die schon in vergangenen Welten und Atlantis miteinander bis zum Abwinken gewonnt hatten, ist es verwunderlich, dass sie in der gegenwärtigen Gegenwart nur ein Kind dabei zustande bringen.

Halefa hat gesagt…

Jap, aber alle Welt wollte noch eines von Iggys Kindern mit Uther, weil Artus nämlich zu einem Zeitpunkt geboren wurde, bei dem man nicht sicher sein konnte, ob er tatsächlich von Uther ist (also nach der Regel "kein Sex vor der Ehe" und so).