Freitag, 4. Februar 2011

Die Nebel von Avalon XXII

So, da wäre Gähne also, direkt bei Onkel Lot und Tante Morgi. Wir haben tatsächlich einen Sprung von mehreren Monaten gemacht: Gähne steht kurz vor der Niederkunft, draußen tobt der Winter herum und weil Lot offensichtlich am Nordpol wohnt, geht die Sonne des Winters erst gar nicht auf. Die Männer gehen bei einigermaßen akzeptablem Wetter auf die Jagd doch die Frauen sind ans Schloss gefesselt und stricken, sticken und tun eben Frauensachen. Wie kochen und gebären. Was man eben so tut, wenn einem langweilig ist.

Gähne bereitet Morgi Sorgen. Sie kämmt sich nicht ordentlich, hat bei dem zu großen Kleid, das ihr Morgi gegeben hat, nicht mal den Saum umgeschlagen und wirkt allgemein etwas verwahrlost. Bis auf den Babybauch ist sie außerdem furchtbar dünn und Morgi wird das Gefühl nicht los, dass Gähne sich nicht wirklich auf das Beebi freut.

Achwatt?

Rote Augen hat die Gähne außerdem, als würde sie ständig heulen.

Aber in all den Monden, die Morgaine nun schon hier lebte, hatte Morgause nie gesehen, daß sie auch nur eine einzige Träne vergoß.
Ich würde sie gerne trösten. Aber wie kann ich das, wenn sie nicht weint?


So. Und das merken wir uns einfach mal. Dass Morgi Gähne nie hat weinen sehen, in all den Monaten nicht. Warum wir uns das merken? Weil ich das so sage, basta. Werdet schon sehen. :autoritär:

So sitzen die Frauen am Kaminfeuer beisammen, es kommt zu den üblichen atmosphärebildensollenden Szenen, unter anderem mit Gareth, dem jüngsten Morgi-Spross, dem Gähne eine nette Geschichte erzählt. Und weil diese häusliche Harmonie ja nun doch zu betulich wirkt, muss eine unheilvolle Vision der Gähne dazwischengrätschen.

„Ich hoffe, es wird Frieden im Land herrschen, wenn Gareth erwachsen ist.“

„Dann wird Frieden sein“, erwiderte Morgaine geistesabwesend, „aber trotzdem wird er von der Hand seines besten Freundes sterben ...“


Na, das hört doch jede Mutter gern. Morgi beschließt, das Ganze als Schwangerschaftsdemenzverirrung zu sehen und kämmt Gähne erst mal die Haare, während sie ihr aus der Zeit erzählt, als sie selbst ihr erstes Kind gekriegt hat und, oh, damals, als alle noch auf Tingeltangel lebten und sie sich auch schon um Gähne kümmerte, die für sie auch heute noch die Tochter ist, die sie nie hatte.

... Vivi? Wieviele Mütter im Geiste sollen Gähne hier denn noch zugewiesen werden?

Lord Senkblei und seine Männer kommen zurück von der Jagd, und sie war erfolgreich. Der Hirsch wird gebraten und die gesamte Schlossbesatzung genießt das frische Essen. Alle bis auf Gähne.

Morgi: „Komm, iss was!“

Gähne: „Ach, ürgs. Das erinnert mich an Beltane und mir wird übel.“

Morgi wundert sich, denn soweit sie die Beltaneriten kennt, sind die doch eher einer fröhlichen Orgie ähnlich als einer traumatischen Erfahrung. Komisch, komisch, so denkt sie sich.

Nach dem Essen steht gemütlicher Plausch an, auch über das vermutliche Geschlecht von Gähnes Kind. Morgi ist sich sicher, dass das Kind ein Junge wird, sie hat da schließlich Erfahrung drin – und das nicht nur bei sich selbst.

„Ich habe vier Söhne geboren und meine Frauen während ihres Schwangerseins beobachtet ...“ Mit einem boshaften Lächeln sagte sie in Lots Richtung: „Mein Gemahl nimmt das alte Wort sehr ernst, das sagt, ein König soll der Vater seines Volkes sein.“


Lot ist eher amüsiert über seines Weibes Stichelei, schließlich hat man ja ein gegenseitiges Abkommen diesbezüglich. Dann soll Gähne ein wenig die Harfe spielen und in diesem Moment reicht es dem ungeborenen Kind auch mit Heititei und Tanderadei und es beschließt, denen da draußen mal die Meinung zu sagen. Zack, Wasserbruch.

Morgi lässt Gähne in den frisch eingestreuten Stall, pardon, das frisch eingestreute Frauengemach bringen und will ihr schon hinterhereilen, ihr, die sie wie eine Tochter liebt, weil sie ja selbst keine hat, als ihr Ehemann sie auf einen kleinen Plausch in die Ecke zieht.

Senkblei: „Hömma ...“

Morgi: „Wasn? Beeil Dich, ich muss beim Gebären assistieren.“

Senkblei: „Achwatt, das dauert beim ersten Kind eh ewig. Außerdem hast Du es ziemlich eilig, wenn man bedenkt, dass das Kind da der Rivale unseres Ältesten, Gawain, sein wird.“

Morgi: „Artus ist jung und potent, der wird doch locker ein paar Dutzend Söhne zeugen, die Meisten vielleicht sogar mit seiner potenziellen Frau. Da fällt Gähnes Spross doch nur noch unter ferner liefen.“

Senkblei: „Hmm, man weiß es nicht. Das Schicksal ist eine gestreifte Socke, ne? Ich möchte nur anmerken, dass das Leben eines Neugeborenen am schwachen Faden hängt.“

Morgi: „Aber Gähne ist wie eine Tochter! Ich könnte nie ...! Also echt mal jetzt!“

Senkblei: „Als ob sie das Kind überhaupt wollen würde, jetzt tu mal nicht so.“

Morgi: „Das sagt JEDE Frau im letzten Schwangerschaftsdrittel, Du Hornochse! Das kommt von den Hormonen!“

Senkblei: „Unser Gebiet ist nicht sehr groß, unsere Söhne werden sich dereinst die Köppe einschlagen, wenn es an die Verteilung geht. Aber wenn einer Großkönig ist, dann wäre auf einmal viel mehr Land zum Verteilen da.“

Morgi: „... da haste nicht unrecht. Aber, hey, ich kann doch nicht Gähnes Kind murksen! Was sollen denn die Leute denken?“

Senkblei: „Naaaaaaiiiiin, das verlangt ja auch keiner. Aber Geburten sind schwierig und wenn man sich zuerst um die Mutter kümmern muss, weil halt, ne, und das Kind erst mal vergisst ... sowas passiert.“

Morgause biß sich auf die Lippen und wendete sich ab. „Ich muß zu meiner Nichte.“

Lot sah ihr lächelnd nach. „Denkt gut darüber nach, meine Gemahlin.“


Nunc est ... natendum? Egal, die Römer und ihre Sprache sind ja eh nur dumme Christen. Nun wird geboren, und klassischerweise ist es eine gar schweeeeeere Geburt und am Ende meinen die Geburtshelferinnen, dass Gähne wohl nie wieder Kinder haben wird, weil so schwer und Dinge und überhaupt.

Huh, sieht so aus, als hätte Frau Fee aus dem letzten Kapitel recht behalten. Nix mit Dutzenden von Kindern, wie die Mutter, so die Tochter. 's gibt nur einen Sohn und damit basta. Wegen der Dramatik.

Dem Kind geht's aber gut, und während Gähne erschöpft ins Stroh und eine Ohnmacht sinkt, sinnt Morgi mit dem Kind im Arm darüber nach, was jetzt geschehen soll. Wälzt sämtliche Verwandschaftsverhältnisse hin und her, und wenn die Schwippschwägerin der Schwester des Bruders des Königs der dritten Linie, dann könnte und vielleicht und möglicherweise.

Zum direkten Kindesmord bringt es Morgi nun doch nicht, allerdings will sie nun endlich wissen, wer der Vater des Kindes ist, denn damit entscheidet sich ja schließlich, wie wichtig der Junge in der Erbfolge mal sein wird. Ist Lancelot beispielsweise der Vater, steht das Kind der Erblinie noch ein Üddelchen näher als ohnehin schon rein durch Gähne, das muss ja alles bedacht werden. Außerdem wäre das eine Erklärung für das Herzeleid der Gähne.

Morgause hatte in den vergangenen Monaten immer wieder beobachtet, wie Morgaine heimlich weinte. Verzehrte sie sich vor Liebe und Verlassenheit?


Und hier möchte ich, ganz unverbindlich und -verurteilend anmerken, dass noch am Anfang des Kapitels beschrieben wurde, dass Gähne immer so rote Augen habe, sie aber niiieeemand je weinen sah, Morgi erst recht nicht.
Und jetzt auf einmal doch.
Weil's gerade passt.

PFHT!!

Morgi hat zwar nie eine Ausbildung im Gesicht erhalten, aber als Schwester Vivis haben ihr die Priesterinnen mal hie und da was gezeigt, ne, und deswegen schmeißt sie ein paar Kräuter in die Luft, piekst das Baby an, noch ein paar Haare und was zeigt ihr das Feuer: Den Hörni, den Artus.

Morgi ist verblüfft, doch bevor sie etwas tun, bevor sie überhaupt denken kann, richtet sich Gähne auf ihrem Lager auf:

Gähne: „Du musst schwören, nie jemandem etwas zu sagen! Sonst verfluche ich Dich mit allen priesterlichen Flüchen die ich kenne!“

Morgi: „Ja, nun, äh ...“

Gähne: „Schwöre! Sonst Fluch!“

Morgi: „Willst Du nicht lieber etwas Milch trink...“

Gähne: „SCHWÖÖÖÖRÄÄÄÄ!“

Morgi: „Ja, meine Güte, schwöre ich eben. Jaja. Schon gut. Immerhin ist es nicht übel, so ein pikantes Geheimnis über den Großkönig zu wissen, ist ja schon mal was.“

Gähne: „Und jetzt das Kind. Gib mir das Kind.“

Morgi: „Hmmmm. Nee. Weißte, wenn ich Dir das Kind jetzt gebe, entwickelst Du am Ende noch eine Bindung zu ihm. Wenn ich ihn aber gleich der Amme gebe, dann gehört er quasi zum Haushalt der Pflegeeltern, in dem Fall ... uns. Das finde ich doch praktischer. Du leg Dich hin, Du bist erschöpft. Ich bringe den kleinen Schatz jetzt zur Amme.“

Gähne: „Ach Männo.“

Nun ist er Lots Pflegekind, dachte Morgause. Wir werden immer eine Waffe gegen den Großkönig in der Hand haben. Ich habe dafür gesorgt, daß Morgaine, auch wenn es ihr wieder bessergeht, wenig für ihn empfindet und ihn mir überläßt.


Tjooooo. Gähne, Gähne, Gähne, Du hättest Dir echt einen besseren Ort suchen können, um den kleinen Hörni zu bekommen. Tsk.

13 Kommentare:

DieJo hat gesagt…

Maaan, diese ganzen Visionen sind so verdammt Deus Ex Machina, dass die interessanten Stellen total ihren Reiz verlieren. D:

Gähne trägt ihren Namen zu recht. Sie ist total zum gähnen. Am spannendsten finde ich momentan Morgi, die hat wenigstens mal so was wie einen echten inneren Konflikt ausgetragen. Ohne Prophezeiung. Ohne Leid und Gejammer.

Vinni hat gesagt…

Hätte sie nur mal besser auf die Fee gehört. Jawollja.

DieJo hat gesagt…

"Ich würde sie gerne trösten. Aber wie kann ich das, wenn sie nicht weint?"

Liegts am Mittelalter oder daran, das Frauen generell unlogisch sind? Wenn jemand fertig aussieht, kann man ihn doch auch ohne rollende Tränen auf seine Erscheinung ansprechen.

muemel hat gesagt…

Hätt die Gähne mal nicht auf die Fee gehört, könnte sie jetzt vielleicht noch Kinder kriegen…

DieJo, das muss wohl am Mittelalter liegen.

Schön, dass die Verkatzungen weitergehen :)

Mailin hat gesagt…

"Das Schicksal ist eine gestreifte Socke, ne?"

Hach, wunderschön.

Ranwen hat gesagt…

Ja, die gestreifte Socke ist schon mindestens den heutigen Ranwen-Orden wert. ;)

Silph hat gesagt…

Aber ist doch schön, daß wenigstens Morgi ein glückliches und geordnetes Familienleben führt.

Ranwen hat gesagt…

Morgi ist ein Aas, aber sie und ihr Mann sind wenigstens eine absolut passende Zusammenstellung. So gut wie die zwei harmoniert kein anderes echtes oder Möchtegern-Pärchen, wie diese beiden. Die haben sich wirklich gefunden.

Außerdem lügen und nölen und drama-en sich die beiden mal nicht dauernd an und sind da die erfreuliche Ausnahme im Buch.

Natürlich mußten's dann die Bösen sein, isjaklar, die Guten dürfen sowas ja nicht. :rolleyes:

Wüstenratte hat gesagt…

Mit einem boshaften Lächeln sagte sie in Lots Richtung: „Mein Gemahl nimmt das alte Wort sehr ernst, das sagt, ein König soll der Vater seines Volkes sein.“

Bwaaahahahaha!
Ab dem Punkt hatte ich leider einen Ohrwurm.
"Her Senkblei, Herr Senkblei,
der hat ein schnelles Pferd..."

Ranwen hat gesagt…

@WüRa: Tschuldigung ;).

Kolfinna wußte schon, was sie tat, als sie das Ding aus ursprünglich politischen Gründen verbreitete. Das ist nun mal ein Lied, was hängenbleibt ;) und was das Volk in der Küche und den Gassen pfeifen sollte ;) und dies auch getan hat *g*

(Ich mußte aber auch grinsen, als ich das hier im Blog las. ;) )

Tilia Salix hat gesagt…

"Das Schicksal ist eine gestreifte Socke" - *prust* Ich stell' mir das gerade als Stickbild über Ommas Sofa vor. Hat was.

Nia hat gesagt…

Nachdem ich mich die letzten Wochen durch Meyers Twilight geroflt hab, bin ich nun im müstischen visionieren bis Kapitel XXII gelangt. Einfach superduper der Blog, Frau Katz!!! Hab ihn schon fleißig weiterempfohlen...

Mochte von MZB immer schon nur Darkover und SF-Storys. Aber die Feuer von Troja ist mE noch schlimmer - müstisch, mütisch und gefühlte 200 Personen mehr :roll:.

Gähne ist super. Werde nie wieder Morgaine lesen können, ohne mich zu kringeln...:)

schildmehdchen hat gesagt…

@Würa und Ranwen: Ich hab mich auch gut weggeschmissen, als ich an der Stelle des Buches war. Ich meine ... das hat Frau MZB doch absichtlich da reingeschrieben, oder? Nach einer kurzen Vision über die Rohan-Larps dieser Welt. :nick: