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weil de gustibus non est disputandum
Er sah sie vor sich. Ihre grünen Augen, die blasse Haut mit den Flecken, das leuchtend rote Haar. Feuerköpfchen …
„Es ist wirklich kalt in den Wäldern“, beklagte sie sich, während sie im Kessel notdürftig die Hände wusch.
„Ich sagte, du musst nicht mitkommen.“
„Aber ich will ihn doch sterben sehen.“
[S]ie folgte Mallayurs stummer Aufforderung, zu ihm zu kommen. Er saß bereits auf dem Lager, nackt und mit gierig aufgerichtetem Glied.
„Herr?“, unterbrach er das Spiel. „Herr!“
Widerwillig erstarb Mallayurs Stöhnen. „Was ist?“
„Heute keine Schläge von Geeryu?“
„Halt den Mund, sonst lasse ich dich an deinem Schwanz aufhängen.“
Anschar lachte geringschätzig. „Womit willst du mir jetzt noch drohen?“
Verbissenes Schweigen war die Antwort, es folgte Geeryus wohliges Seufzen. Das Paar setzte das Spiel fort.
Mallayur erstarrte. Er schob Geeryus besitzergreifende Arme beiseite und setzte sich auf. „Du weißt davon?“
“Hast du den Gott?“
Mallayur stöhnte verärgert auf. „Ja, verdammt, ich habe den Gott! Ein paar Tage nach deiner Rückkehr aus der Wüste brachte Geeryu ihn mir. […] Morgen wirst du ihm geopfert, damit er sich gefügig zeigt.“ Seine Stimme überschlug sich vor Ärger. „Und damit sind deine Fragen hoffentlich beantwortet!“
„Die Götter wollen keine Menschenopfer.“ Er wurde so laut, dass einige Herscheden aufsprangen und nach ihren Waffen griffen. Mit aller Kraft spuckte er seine Abscheu heraus. „Und schon gar nicht von dir!“
„Schweig!“, schrie Mallayur. „Du störst meine Nachtruhe.“
Im Gehen ergriff Friedrich ihre Hand. Sie ließ es geschehen. Warum auch nicht? Er war ihr Verlobter.
Sein giftiger Blick flog ihr so heftig entgegen, dass es sie fast zurückwarf. „Ich bat dich, ihn nicht wieder zu erwähnen!“
„O Friedrich!“, schrie sie, die Stimme von den Tränen kaum kenntlich. „Das verzeihe ich dir nie!“
Was war nun davon zu halten? Egal, dachte sie. Wenn Friedrich schmollen wollte – bitte. Das konnte sie auch.
„Ich hoffe darauf, dass das, was dich umtreibt, nur eine vorübergehende Sache ist. Ich bin bereit, dir zu verzeiehen, wenn du dich besinnst.“
„Nur eines will ich von ihm wissen“, sagte Friedrich. „Hat dieser Barbar sich dir aufgedrängt?“
„Aufgedrängt?“
„Du weißt, was ich meine. [...] Hast du mit ihm irgendwelche Dummheiten gemacht?“
[...]
„Nein“, brachte sie endlich heraus. Es war nur ein Flüstern. „Nein, ich schwöre es.“
„Na schön. Dann wollen wir ihn vergessen.“
Ihre Finger bohrten Löcher in die Zeitung. Friedrichs Aufforderung war durchaus als großzügiges Angebot zu werten, dennoch! Wie konnte sie den Mann vergessen, den sie liebte?
„Du glaubst also, dass ich ein Jahr weg war?“
„Gewiss nicht“, schnappte die Mutter pikiert. „Ich glaube, dass du schon länger einen Liebhaber hast. Und jetzt hat er dich herumgekriegt. Ist es so?“
„Nein.“
„Danke, Papa.“ Sie küsste ihn auf die Wange. Nun sah alles etwas weniger trostlos aus.
„Was tut ihr da?“
„Wir unterhalten uns nur.“
„Man kann sich mit dem unterhalten? Kann man das?“
„Ich habe darüber nachgedacht, was wäre, wenn ich mit dir gehe“, sagte er.
[...]
„Anschar, das geht nicht. Ich würde es mir so sehr wünschen, aber du kannst in meiner Welt nicht leben. Du würdest sie nicht verstehen.“
Sie fühlte sich von Friedrich gepackt und in das Licht gezerrt. „Nein, nicht so schnell!“, rief sie, da riss ihr der Sog die Worte von den Lippen.
Anschar! Anschar!
„Mein Freund, das hat doch keinen Zweck. Komm.“
„Sklave! Weg mit dem Schwert!“
Es musste so enden.
Sie nahmen den Weg, der in den Wald führte.
„Jetzt geschieht, was du immer wolltest, Grazia“, sagte [Anschar], ohne sich umzuwenden. „Ich werde fliehen.“
[...]
„Ich gehe mir dir. Und versuch nicht, es mir auszureden.“
Sie hatte Anschar angebettelt, auf der Straße laufen zu dürfen. Die war zwar unbefestigt und sehr staubig, aber geebnet. Er gestattete es nicht, und sie fragte nicht mehr.
„Du bist wirklich verzärtelt.“ Er lächelte und hob ihre Hand in die Lippen.
„Das ist er“, sagte Anschar. „Vor Jahren habe ich ihn in der Stadt gesehen.“
„Er macht einen freundlichen Eindruck.“ Erleichtert atmete sie auf. Das erste Ziel war erreicht.
„Er ist ... er ist ... aus meiner Welt!“
Normalerweise hätte er dem Mann das Messer aus der Hand genommen und den Rest eigenhändig entfernt, aber jetzt erschien es ihm nicht wichtig genug. Oder es lag daran, dass er in den Werkstätten tatsächlich gezähmt worden war.
Er wusste es nicht.
Sie raffte das Handtuch an sich und bedeckte damit ihre Brust. [...] Eine große dunkle Gestalt erschien und beschattete die Stufen. Grazia öffnete den Mund zu einem Schrei. Wer immer es war, er fiel regelrecht die Treppe hinunter und platschte vor ihr mit den Knien ins Wasser. Jäh fand sie sich in einer harten Umarmung wieder.
„Ich warte oben, Feuerköpfchen“, sagte er und sprang leichtfüßig die Treppe hoch.
„Ich wollte dich fragen, was mit Henon ist“, sagte sie leise.
„Was soll mit ihm sein?“
[...] „Er kann heute nicht hierbleiben. Ich meine, das Schlafzimmer hat keine Tür. Er würde doch alles hören.“
Er neigte den Kopf; seine Stirn war gefurcht, als versuche er angestrengt, es zu begreifen. „Was ist daran schlimm?“
Vorsichtig schlüpfte sie unter die Decken, darauf bedacht, ihre Beine nicht mehr als nötig zu entblößen.
Dann hatte sie es geschafft, sie lag auf dem Rücken und war sorgfältig zugedeckt. Alles Weitere war nun seine Sache.
„Du liegst da, als wärst du krank.“
„Ich habe verschlafen!“, verkündete er und klang dabei fast heiter. „Mallayur wird mir die Haut abziehen.“
Einen Herzschlag später hörte Grazia einen dumpfen Aufprall und die Schreie einiger Menschen.