Freitag, 4. Dezember 2009

Das gläserne Tor – XV

Der zweite Tag der festlichen Festlichkeiten („Let it raaaiiiiin, let it raaaaiiin ... ooon meeee!“ ) wird begangen. Man prozessiert und ist allgemein sehr feierlich. Priester, Blüten, Gedöns; was halt so dazugehört.

Grazia wusste nicht, was sie barbarischer finden sollte: eine fast öffentliche Kopulation oder das dazugehörige Tieropfer.


Hört sich eher nach einem Fall für CSI:Argad an.

Die Stimmung ist allenthalben recht gut, die Argaden versuchen, die glücksbringenden Bänder vom Opfertier abzuzuppeln und das Wetter ist, wie sollte es anders sein, von strahlendem Sonnenschein ... überschattet. Äh. An meinen Metaphern sollte ich noch arbeiten deucht mir.

Gigi beäugt Anschar, der im roten Rock neben Malle einherstolziert und wedelt sich mit einem Fächer Luft zu. Am Tempel angekommen wedelt König Mayo ein wenig mit einem Schwert herum, opfert das Opfertier (igitt!) und Gigi sucht sich schnell einen diskreten Ort, um ihrem Missfallen körperlich Ausdruck zu verleihen. Dabei rennt sie zufällig in Mister Rotrock und reißt sich nochmal zusammen. Zwar sagt nicht so sehr „Ich liebe Dich“ wie eine Lache Erbrochenes vor den Füßen des Angebeteten ... wobei, wenn ich es mir recht überlege ... vielleicht doch nicht.

Anschar nutzt die knappe Zeit um sie ein wenig zu befingern (natürlich nur oberhalb der Halslinie, Gigi ist schließlich ein anständiges Mädchen!), muss dann aber schon gleich wieder los. Das anwesende Volk wirft Muscheln in einen Brunnen und König Mayo stichelt sich mit seinem Bruder. Gnäherr, mal ehrlich, selbst Schuld. Hättense sich zammgerissen und mit ihrem windigen Brüderle nicht gewettet, dann hättense heute ihren Anschar noch.

Dann hat Mayo seinen großen Auftritt. Mit viel Handgewedel und Pomp verkündet er, dass er da eine Frau gefunden hätte, die Wasser machen kann, hurra!
Gigi verknotet sich der Magen, findet sie doch, dass ihr Momentansouverän da ein bisschen dick aufträgt. Aber brav lässt sie ein wenig Wasser fließen, das Volk ist verblüfft und euphorisch (Nihaye! Nihaye!), alles scheint gut zu laufen.

Bis Malle, der olle Spielverderber ankommt, und meint, das sei ja alles ganz schön aber die jämmerlichen Mengen, die Gigi da produziere, brächten dem Volk und seinen verdörrenden Feldern ja nun nicht wirklich was.

Gut, da hat er schon Recht, aber muss er das so rausposaunen? Wie unhöflich.

Mayo fühlt sich in die Ecke gedrängt und meint trotzig, ja, mei, vielleicht würde Gigi ja die Felder mit ihren Händen bewässern! Weiß man's?
Also fordert er Gigi auf, so viel Wasser wie möglich zu machen, hopphoppgefälligstjetzthier!

Gigi bemüht sich redlichst. Schon bald versiegt jedoch der Wassertrom und ihr wird schwindelig. Das Volk murmelt. Ein vorlauter Scherachede (bestimmt von Malle bestochen! Ein Anti-Claqeur!) ruft sogar in den Raum, dass das alles also doch nur ein Trick gewesen sei.

Madyur verschränkte die Arme und presste die Lippen aufeinander. Es war [Grazia] ungeheuer peinlich, dass sie ihn vor all diesen Leuten blamierte. Andererseits war es seine eigene Schuld. Nur, welcher König sah das schon ein?

„Versuch es noch einmal.“


Mayo offensichtlich nicht.

Gigi strengt sich an und macht vor lauter Überanstrengung dann den Eragorn. Mit schwindendem Bewusstsein bekommt sie grade noch mit, dass sich Anschar über jegliche Etikette hinwegsetzt, durch den Raum stürzt, sie auffängt und dann König Mayonnaise wütend anbrüllt:

„Sie hätte sterben können!“, schrie er. „Hast du wirklich geglaubt, sie könne den letzten Gott ersetzen?“


Ohoh. Ooooohhhh boy. Ich bin jetzt nicht der Experte, aber den König des Landes vor Volk und Würdenträgern anzubrüllen ist vielleicht keine sooo gute Idee.

Ooohooh.


Nächste Szene: Anschar wird so ein bisschen ausgepeitscht. Jautsch. Engarsch legt seine ganzen Energien hinein, aber bislang verhält sich Anschar stoisch, sehr zur Enttäuschung seines Peinigers.

Irgendwann kommt dann Malle vorbei und will mit Anschar unter vier Augen reden. Sehr ergiebig ist das Gespräch allerdings nicht. Knie Dich hin, Sklave, zieh diesen lumpigen Lendenschurz an, Du bist verstockt, das muss sich ändern, was hast Du Dir eigentlich dabei gedacht, steht wieder auf, knie Dich wieder hin.

Danach verkündet Malle, offenbar unzufrieden über Anschars größtenteils noch ungebrochenen Geist, dass er ihn in die Papierwerkstätten verfrachten wird, die offensichtlich ein sibirisches Gulag wie einen Club Med aussehen lassen.

„Ja, endlich sehe ich so etwas wie Entsetzen in deinen Augen. Gut, gut, allein dafür war es das schon wert. Du wirst sofort aufbrechen. Geh zu Egnasch, der bringt dich zum Palasttor.“


Anschar schlurft zur Tür, hilft dem dort stehenden und hämisch grinsenden Engarsch sich seiner Zähne zu entledigen und wankt dann weiter Richtung Tor.

Wenigstens in der kurzen Zeit, die es dauerte, zum Tor zu kommen, würde er dieses ekelhafte Grinsen nicht mehr sehen. Und die grässliche Strafe war nun ein klein wenig angemessener.

7 Kommentare:

Silph hat gesagt…

Klar, Gewalt wird durch Gegengewalt immer erträglicher. Weil dann wenigstens beide Seiten leiden.

Ich würde "abzuzuppeln" übrigens "abzuzubbeln" schreiben *g* Ausdruck des regionalen Dialekts wahrscheinlich.

Undomiel hat gesagt…

Heieiei, was für ein Drama.

Wie viele Kapitel hat das Buch eigentlich? Weil irgendwann werden Gigi und Anschi ja doch mal ...ähm ... sich verwarnen, oder? Und der pöhse König wird gemeuchelt und Gigi wässert das Land und alle sind glücklich und so.
Ach ja, und heim will sie ja auch noch, oder inzwischen nicht mehr?
Die Neugier frißt mich auf.

Neugierige Grüße
Undomiel

mohrchen hat gesagt…

"Hilft ihm, sich seiner Zähne zu entledigen"
Herzlichen Dank für diesen wunderbaren Ausdruck! *roflol*

Alienor hat gesagt…

Undomiel hat gesagt...

"Wie viele Kapitel hat das Buch eigentlich?"


*anschließ*
Wo sind wir denn jetzt eigentlich im Buch? In der Mitte? Oder schon kurz vor Schluss?
Irgendwie witzig: Beim Selbst-Lesen kann man oft schon anhand der Stelle im Buch abschätzen, was noch kommt (sind wir noch beim Aufbau der Geschichte? Oder schon beim großen dramatischen Konflikt kurz vorm finalen Happy End?). Wenn man "lesen lässt" ;-) hat man da gar keinen Überblick!

A. Nym hat gesagt…

@Alienor: Aber bei Marthe ging es immer nach Meissen, egal ob am Anfabg, in der Mitte oder am Ende des Buches. Sehr verwirrend!

Die Jo hat gesagt…

@ A.Nym:

Aber wenn bei Marthe zukünftige Bösewichter mit fiesen Visagen fiese Blicke und Sprüche verbreitet haben, sowie fleißig prophezeit wurde, wusste man, dass die Geschichte gerade eingeführt (gespoilert) wird.

FrauKatz hat gesagt…

Wir sind jetzt grade ein paar Seiten über die Mitte hinweg. :nick: