Freitag, 20. November 2009

Das gläserne Tor – IX

Nachdem Grazia nicht ständig in ihrem „Was ich grade anhatte, als ich in eine fremde Welt plumpste“-Zeug herumlaufen kann, wühlt sie sich durch die Kleidertruhe, die Fidya vorbeibringen ließ.

Das Meiste darin ist natürlich viel zu durchsichtig und zu eng und zu unzüchtig, aber schließlich findet sie ein Kleid, das einigermaßen passt – wenn man die Schlitze zunäht zumindest.

Ungeachtet des entsetzten Hinweises, dass das Sklavenarbeit sei, macht sich Gloria unverdrossen daran, ihre neue Garderobe zu zähmen. Weil sie noch nicht ganz zufrieden mit dem Ensemble ist, bringt ihr Henon (der alte Privatsklave, den sie von Anschar geerbt hat, ne?) noch einen leichten Mantel, den irgendeine Frau mal vergessen hat.

In Anschars Gemächern.

Ohooo! Hat unser Held eine Vergangenheit, hmmm?

Gloria: „Wer war denn diese Frau? Wie konnte sie diesen wundervollen Mantel vergessen?“
Henon: „Och, sie hat sein Bett ziemlich eilig verlassen damals, befürchtete wohl Ärger mit ihrem Mann.“
Gloria: „Bett?!“
Henon: „Äh. Ja?“
Gloria: „Ich wusste ja, dass er ledig, also ... war die Frau seine Geliebte?“
Henon: „Neenee, die kam einfach so mal vorbei.“
Gloria: „EINFACH SO???“
Henin: „Jaja, nur eine Nacht. Wie viele andere auch.“
Gloria: *hyperventilier*

Mit offenem Mund starrte sie ihn an. „Viele? Welche?“

„Huren und Frauen, die wissen wollten, wie es ist, von einem der Zehn beschlafen zu werden. Herrin, ist dir nicht gut?“



Gut, aber sich zu entsetzen und mit wedelnden Händen im Kreis durch die Gemächer laufen ist ja nun auch nicht tagfüllend, und so lässt sich Gloria zum Tempel führen, um die Prieser nach einer Heimkehrmöglichkeit zu befragen. Der Weg ist weit, sie mietet sich eine Sänfte und bringt Henon gegen seinen Willen dazu, sich zu ihr zu setzen.

Woll! Zeig diesen rüden Sklavenhaltern mal, was Zivilisation bedeutet hier! *faustschüttel*

Dann geht's los zum Tempel, quer durch Argad, das von der Beschreibung her an einen netten, orientalischen Bazar erinnert.

Im Tempel angekommen wird sie zu Sildyu geführt und die beiden unterschiedlichen Frauen unterhalten sich ein wenig. Über die Legenden und Geschichten Argads und dass aus göttlichem Samen nicht nur Nihayen sprießen sondern auch mal gerne Blümelein und dergleichen.

Gloria offenbart daraufhin, dass sie den Gott des Wassers wohl schon mal getroffen, verschweigt aber mißtrauisch, dass er ihr auch was angehängt hat. Man weiß ja nie, ob die Argaden sie dann nicht irgendwo hinketten und sie zwingen, ständig Wasser zu machen. Diesen ganzen halbzivilisierten Wilden kann man schließlich nicht trauen, jawoll.

Allein ihr Geständnis, den Gott getroffen zu haben, erregt schnell einen wahren Priesterauflauf. Die wimmeln um Gigi herum und stellen wilde Mutmaßungen darüber auf, was das denn bedeuten könne.

„Hat er dich geschwängert?“, fragte die Priesterin.
„Wie bitte?“

Pfffrhhhrhrhrhrhrhrrr.

Gigi hat bei solchen Fragen („Frechheit!!!“) schon bald die Nase voll und das übliche Korsett bei schwülwarmer Luft tut auch sein Übriges. Sie flieht nach draußen und jammert, sie wolle doch nur nach Hause, bitteschön.

Sildyu nimmt sie mit auf einen kleinen Spaziergang und erzählt ihr, dass der Wassergott wohl Tore zu anderen Ebenen öffnen könne und sie wohl durch ein solches hindurchgefallen sei. Nun gäbe es tatsächlich ein Permanenttor in den Bergen, bewacht von einem heiligen Einsiedler, und dort könne sie es ja mal versuchen, vielleicht führe das ja zurück in ihre Welt.

Joh. Oder in die Pegasus-Galaxie. Obwohl, da gibt's Sheppard.

Allerdings sei der weise Weise immer gerne mal längere Zeit verreist und soweit sie wisse, sei er grade wieder unterwegs, es könne also etwas dauern.

Gigi nimmt die Nachricht mit einem Luftschnappen auf – Monate! – kann nun aber auch nichts dran ändern und macht sich wieder auf den Weg zurück in den Palast des Mayo. Auf dem Weg dahin lässt sie Henon noch schnell Erkundigungen in der schwebenden Stadt einziehen, die bestätigen, was die Hohepriesterin vermutete: der wandelnde Weise ist grade unterwegs, bitte hinterlassen sie eine Nachricht nach dem Sturhornblöken.

Tjaaa.

Im Palast wartet ein Sklave von Malle auf sie, da es Anschar erlaubt wurde, ein paar Kleinigkeiten holen zu lassen. Grazia sammelt ein bisschen Krams zusammen und beschließt, sie hat ansonsten ja nix vor im Moment, dass sie ihrem Anschar das Zeug selbst überbrigen wird.

So macht sie sich also auf den Weg zu Malles Palast drüben in Heria. Klingt wie „Hernie“.

Dort angekommen wird sie in die muffigen, unterirdischen Sklavenquartiere geführt, wo sie erst mal warten soll. Sie sieht sich um und was sie sieht, erfreut ihr Auge keinesfalls. Schon bald kommt Engarsch voebei und will ihr auf gewohnt charmante Art die Mitbringsel abnehmen.

„Bist du seine letzte Liebschaft?“

„Das verbitte ich mir!“


*empör*

Engarsch muss alles genau untersuchen, und als er ein Kästchen öffnet, das Henon Grazia in die Hand gedrückt hatte, da es der Mutter Anschars gehörte, bleibt Gigi fast das Herz stehen: darin befindet sich der andere Ohrring! Das passende Gegenstück zu dem, den vor gefühlt 100.000 Jahren ihr Verlobter Friederich auf der Pfaueninsel in einem Grab gefunden hat!

Na holla! Da guck.

6 Kommentare:

Vinni hat gesagt…

Es klingt immer noch nach einem guten und unterhaltsamen Buch. Ich bin beeindruckt und erfreut. *Daumen hoch*

Silph hat gesagt…

Ein Permanenttor und es wird nur von einem Weisen bewacht. Wie gut, daß in dieser Welt niemand Forschungs- oder Eroberungsambitonen hat, die andere Welten betreffen.

Die Jo hat gesagt…

Ich finde es immer so seltsam, dass Leute, die in eine Parallelwelt gelangen, der felsenfesten Überzeugung sind, dass man ja irgendwie schon wieder zurückkomme.

Das Grazialein trotz Korsett nie in Ohnmacht fällt, finde ich äußerst angenehm :)

amanda james hat gesagt…

moooment! passender ohrring zum gefundenen gegenstück in einer anderen zeit/anderen dimension? wieso erinnert mich das gerade ganz, ganz dolle an das jesusvideo?! (skelett mit titan-schiene im eben geöffneten grab)

Anonym hat gesagt…

Aaah, das Jesus-Video! Das Buch war gut, der Film war schlächt. Soooo schlächt. Aber das Buch hab ich verschlungen. Und ich sehe, dass der Herr Eschbach ein neues geschrieben hat. Hmmm.

amanda james hat gesagt…

@brombeere:ja, das buch war echt toll:nick: und der film-naja, was will man von einer deutschen produktion erwarten?! dabei find ich matthias köberlin garnicht so schlecht, aber was sie draus gemacht haben...
ich hab übrigens noch nix über das neue buch gehört...aber seine bücher sind eigentlich immer gut.so gesehen bestimmt nicht schlecht ;-)