Montag, 2. November 2009

Das gläserne Tor – III

So. Schwuppdiwupp springen wir zu einer anderen Gegend und auch erst mal einem anderen Protagonisten. Der sitzt grade gefesselt und von Wüstenvölkern gefangengenommen herum und versucht, das Seil aus Felsengras mit einem schartigen Stein zu durchsäbeln.

Von Wüstenvölkern gefangen, hu? Ich ahne, welche Begegnung der nette Gefangene bald haben wird.

Nachdem Felsengras aufgrund seiner Haltbarkeit so getauft wurde, gibt unser Krieger das Unterfangen aber schon bald auf und ergeht sich in wütenden Fluchtgedanken.

Er konnte schließlich nicht kopflos in die Wüste rennen, das wäre sein Tod. Zuerst musste er ein Reittier stehlen, Proviant, ausreichend Wasser. Eine Waffe. Die Wüstenmenschen waren zwar einfältig, aber sie würden ihm kaum die nötige Zeit für derlei Vorbereitungen lassen.

Einfältig, ha!, dachte er grimmig. Immerhin war es ihnen gelungen, ihn, einen der zehn besten Krieger Argads, einzufangen.


AHA!

Wir haben einen edlen Krieger, gefangen von wilden Wüstenwichten, wir haben eine junge, hübsche, unverstandene und in einer nicht vollends befriedigenden Beziehung steckende Dame – ich würde sagen, ja, wir kommen in der Geschichte voran.

Wir erfahren dann auch den Namen des Helden. Anschar. Auweia. Das wird in meinem Kopf immer zu Ansgar, und das ist so ein fürchterlicher Name!

Grazia und Ansgar. Na bravo. Hust.

Gut, weiter geht's. Anschar hockt in einer Höhle und brütet über Fluchtmöglichkeiten, während die Wüstenwichte draußen ihrem Alltag nachgehen. Er bekommt sogar eine Schüsel Grasbrei (lecker!) und ist grade dabei, die auszulöffeln, als er außerhalb der Höhle eine gewisse Aufregung bemerkt.

Lassssst mich raten? Frau von oben? Na?

Jawoll, so ist es! Anschar (Gesundheit!) schielt über den Höhlenausgangsverschlussstein hinweg und sieht einen der Wüstenwastl ins Lager rennen.

Er trug eine Frau auf den Armen. Deutlich war eine schlanke Hand zu erkennen, die leblos herabbaumelte; lange, rötlich schimmernde Haare, ein helles Gesicht. Der Rest ihres Körpers war in ein weißes Gewand gehüllt.


Da isse ja!

Der Wastl verschwindet mit der seltsamen Frau in einem Zelt und Anschar setzt sich wieder. Während er seinen Brei weiterlöffelt, kreisen seine Gedanken um die ganz außergewöhnliche Frau, die eindeutig keine Wüstenfrau war. Dazu war ihre Haut zu hell und überhaupt hat keiner in dieser Welt rote Haare.

Wie Feuer. Höchst eigenartig.


Er hat kaum Muße, noch ein wenig über die Dame zu sinnieren, da bekommt er auch schon Besuch. Die weise Frau der Wüstenwastl, Tuhrod, kommt und braucht seine Hilfe. Wegen der seltsamen Frau, jawohl. Die sei nämlich äußerst seltsam und Anschar solle sie sich mal angucken, die Wüstis seien mit ihrem Latein am Ende.

Anschar kommt, guckt und staunt nicht schlecht. Der Körper der fremden Frau ist mit kleinen, dunklen Punkten übersäht. Das lässt ihn erst mal zurückweichen, man weiß ja nie, ob das ansteckend ist, ne?

„Sie hat im Schlaf gesprochen“, sagte Tuhrod. „Nur kurz, aber das war schon seltsam genug, denn es war völlig unverständlich. Meines Wissens spricht Dein Volk nicht anders als wir.“


Jawie? Sie spricht in fremden Zungen?

Da guck. Dann können wir schon mal ausschließen, dass sie durch ein Stargate kam, denn das sorgt ja bekanntermaßen dafür, dass alle die gleiche Sprache sprechen und jeder neue Planet wie Vancouver aussieht. So there.

Anschar weiß jetzt auch nicht, was und wie und wo und so, und weil sich sein Volk und das der Wüstenwastl herzlich hassen, fängt er erst mal an, sich mit Hotrod zu streiten.

Das weckt Grazia auf.

Ein schriller Schrei ließ sie verstummen. Die Rothaarige hatte die Augen aufgerissen und den Kopf gehoben.

„Achduheiljabimbam!“ stieß sie hervor.

„Das meinte ich“, sagte Tuhrod, die einen Satz rückwärts gemacht hatte und erschrocken die Hand auf die Brust presste. „Hast Du je solche Laute gehört?“

„Nein.“


Kein Stargate. Eindeutig.
... oder das Stargate war mit Berlinerisch überfordert. Das würde ich jetzt nicht völlig ausschließen wollen. *fuchtel* Hust.

Sie hatte grüne Augen, eine Farbe, die so fremd war wie ihr rotes lockiges Haar.




Im nächsten Absatz sitzen wir wieder in Grazias Kopp. Die ist, verständlicherweise, erst mal umfassend verwirrt.

Der Albtraum wollte und wollte kein Ende nehmen. Dieser halb nackte Mann, der sich über sie beugte und entsetzlich stank, war doch ebenso wenig wirklich wie der auf dem Steg.


'kay, Anschar ist also nicht der nackte Mann vom Steg. Kann er auch gar nicht, schließlich ist er nur halbnackt. Dasjawohl 'n Unterschied. Außerdem mieft er. *albernkicher*

Das gefallene Mädchen guckt sich erst einmal um und versucht herauszufinden, was jetzt hier eigentlich, zur Hölle nochmal, los ist.
Krankenhaus? Gar Irrenhaus?
Zelt, flatternde, bunte Gewänder.
Nein, eher nicht.

Hotrod zeigt Anschar grade Grazias Strümpfe, was diese schon fast wieder in Ohnmacht fallen lässt. Naaaaaaiiiiin! Ein Mann sieht ihre Strümpfe! Dasgehtdochnicht! Als die beiden seltsamen Gestalten dann auch noch ihre Handtasche ausschütten und deren Inhalt kopfschüttelnd untersuchen, wird es Grazia zu bunt.

„Das sind meine Sachen“, krächzte Grazia, setzt sich auf und wiederholte, diesmal lauter: „Die gehören mir!


Sie erntet verständnislose Blicke, dann wird der müffelnde Mann (teeehehehehehe) erst mal wieder rausgeführt, während Hotrod versucht, sich mit Grazia zu verständigen.

Das klappt ... nicht wirklich gut. Schon bei der klassischen Ich-zeige-auf-mich-und-sage -meinen-Namen-Routine bricht sich Hotrod bei „Fräulein Zimmermann“ fast die Zunge ab. So geht's also nicht, deswegen geht Hotrod und lässt Grazia alleine.

Dolle Wurst. Grazia grübelt. Letztendlich einigt sie sich mit sich darauf, dass sie wahrscheinlich von einem Wanderzirkus aus der Havel gefischt wurde und der nackte Mann auf dem Steg wahrscheinlich auch zu den Schaustellern gehört. Jawohl. So muss das sein. Sie steht auf, hüllt sich sittsam in die Decke und geht zum Zeltausgang.

Guckt raus.

Schreckt zurück.
Muss sich selbst eingestehen, dass das da draußen eher nach Wüste denn nach Pfaueninsel aussieht.

Anstatt hysterisch zu werden (gute Gene wahrscheinlich, ne, vom Vater, jawoll) sieht sie sich weiterhin erst mal um. Sieht die Zelte, die Wüstenwastl und ihre Haustiere: Einhornziegen. Schick.
Dann versucht sie, zu kommunizieren. Das klappt, wie schon zuvor, nicht grade gut.

„Ist das Deutsch-Ostafrika? Ich habe eine Tante, die da wohnt. Sie heißt Charlotte. [...] Ist das hier Tansania?


Äh. Nein, Mauseschatz. Nicht ganz.

Grazia ist schon bald frustriert und beginnt herumzuschreien. Das bringt Hotrod wieder auf den Plan, die sie in den Schwitzkasten nimmt, zurück ins Zelt dirigiert und sie dort erst mal, zur Beruhigung, mit einem Kräuterschnaps abfüllt. Danach ist Grazia erst mal so fertig, dass sie nur noch schlafen will und das auch tut.

Mitten in der Nacht wird sie von einer Einhornziege wachgeniest und bemerkt, dass sie nun ganz gerne eine Toilette hätte.

Einfach nach einem Zelt mit dem Herzchen in der Plane suchen?

Jut. Um sie herum schnarcht und schläft alles und jeder (bis auf die niesende Einhornziege), sie muss sich selbst helfen. Also stakst sie ein wenig aus dem Lager heraus und sucht sich einen netten Stein.

Der Mond war groß und rötlich – so ganz anders als daheim. Fasziniert musterte sie seine Oberfläche. Auch die war anders. Die Sterne, alles wirkte hier fremdartig. Sie legte den Kopf in den Nacken, um ein vertrautes Sternbild zu finden. Offenbar befand sie sich in der südlichen Hemisphäre. Wo war das Kreuz des Südens? Sie drehte sich auf den Fersen um die Achse. Und erstarrte.

Ein zweiter Mond. Eine schmale, bläulich schimmernde Sichel.

Zwei Monde. Dies hier war nicht Deutsch-Ostafrika. Sie war weiter weg. Viel, viel weiter weg. Sie war in einer anderen Welt.

Grazia schlug die Hände vors Gesicht und schrie.


... Eragorn wäre jetzt ohnmächtig geworden.

11 Kommentare:

Die Jo hat gesagt…

Whahaha. Die Geschichte ist witzig. Schlechter Schreibstil, wenn ich das so sagen darf, aber Grazia fällt wenigstens nicht dauernd in Ohnmacht wenns spannend wird, wie Miss Hebamme oder Miss Vampir.

Aber müssen die Protagonistinnen denn immer perfekt geformt sein und außergewöhnlich rote Haare und grüne Augen haben?

Warum nicht mal grüne Haare und rote Augen? :(

Rabenfeder hat gesagt…

Hihi, bei grünen Haaren müsste ich ja nun an die Wawuschels denken, das wäre auch nicht ideal.

Aber eigentlich finde ich die Story ganz witzig. Wenigstens benimmt sich Grazia recht zeitgemäß ... für ihre Zeit halt. Und ich mag den stinkenden Anschar. Allerdings frage ich mich, wie der mit gefesselten Händen seine Suppe ist. Stell ich mir schwierig vor.

Anonym hat gesagt…

Frau Katz, ich muß gar heftig protestieren. Eragott wäre nicht ohnmächtig geworden, sondern erst mal ins Bett gegangen.

Ach ja, die Story. Frau macht einen Sprung durch ein ...tor und trifft einen Mann. Hmm. Woher kenn ich das nur *grübel* Claire und Jamie *weitergrübel*

Grübelnde Grüße von
Undomiel

amanda james hat gesagt…

ich amüsiere mich grad über das "gefallene mädchen"...

Silph hat gesagt…

Und es ist normal, daß man dem bööööösen Gefangenen, dessen Volk man HAßT, erstmal die seltsam Frau zeigt, damit der sich mit ihr verständigt? Was, wenn du beiden das hinkriegen und sich dann zusammentun?

mohrchen hat gesagt…

Was ist aus ihrem dringenden Bedürfnis geworden? *ugly*
Ich muss zugeben, dass mir die Geschichte bisher gar nicht so schlecht gefällt. Es gab schon ein paar Momente, bei denen ich echt überrascht war. Schauen wir mal, wie sich das so weiter entwickelt.

@ Rabenfeder: Wenn die Händer vor dem Bauch und nicht hinter dem Rücken gefesselt sind, ist das Löffeln nicht mal ansatzweise so schwer.

@ Silph: Ja, das ist schon ein wenig seltsam: "Wir hassen dich! Öhm, los, hilf uns da mal eben!"

Tokvi hat gesagt…

Wetten dass.... Grazia den Mief ihres Anschar bei fortgeschreitendem Buch animalisch und antörnend findet

Anna Nym hat gesagt…

@Undomiel: Eragott hätte erst einmal zu Abend gegessen (aber ein 5-Gänge-Menü für werdende Junggötter, keine lasche Grassuppe) und wäre dann stilvoll eingeschlummert, um von Aryas (oder wie die hieß) Rücken zu träumen. :nick:

Anonym hat gesagt…

Ich finde es entzückend, dass unsere Heldin berlinert!

Anonym hat gesagt…

@Anna Nym: stimmt, das Essen hatte ich vergessen *Asche auf mein Haupt*. Dabei ist regelmäßige Kalorienzufuhr doch so wichtig.
Irgendjemand sollte das den Wüstenwasteln mal sagen, Grasbrei geht ja gar nicht.

Ernährungsbewußte Grüße von
Undomiel

Pip hat gesagt…

Eine niesende Einhornziege? Putzig... ;)