Mittwoch, 30. Dezember 2009

Das gläserne Tor – XXIII

Nachdem die Sache mit Gigi nun klar ist und sie mit Pauken und Trompeten (gut, eher mit Unterwäsche und Korsetts, aber mei, der Gedanke zählt) ihrem wahren Geliebten zu Hilfe kommen wird, können wir uns nun wieder dem in den Wald verschleppten Anschar widmen.

Der hat Durst. Weil die hinterhältigen Halsabschneider ihm den ganzen Tag nichts zu trinken gegeben haben! Da sieht man gleich, wes Geistes Kind die sind, jawohl! *empör*

Die grausamen Gangster haben vor ein paar Stunden die Bewohner eines Bauernhauses verjagt und nämliches annektiert, um dann Anschar darin zu lagern. Offensichtlich erfordern die zweifelsohne sinistren Pläne der schmierigen Schächer einiges an Vorbereitung. Zeit für Anschar, sich ein bisschen nach Gigi zu verzehren, wie sich das für einen anständigen Liebenden auch gehört.

Er sah sie vor sich. Ihre grünen Augen, die blasse Haut mit den Flecken, das leuchtend rote Haar. Feuerköpfchen …




Ein bisschen Gebrummel später bekommt er dann doch noch Wasser und die Auskunft, dass sein Herr (Malle, ne?) demnächst eintreffen und sodann alles weitere mit ihm besprechen würde.
Unser viriler Held ist gelinde interessiert, denn ein entflohener Sklave wird für gewöhnlich entweder gleich zu Tode gepeitscht, im Kerker „vergessen“ oder wieder in die Papierwerkstätten gebracht. Das hier ist also … ungewöhnlich.
(Na, noch mal Papierwerkstätten braucht es ja auch nicht, das hatten wir schon.)

Im Laufe des Abends trifft Malle auch ein und bringt die schwarzhaarige, silberäugige Nihaye Geeryu mit, die ich von nun an nur noch Dummkuh nennen werde, weil ich sie überhaupt nicht ausstehen kann und dank meines erwachsenen Habitus und gereiften, milden Geistes sehr erwachsen mit solchen Aversionen umgehe. Hüstel. Hüstel.

„Es ist wirklich kalt in den Wäldern“, beklagte sie sich, während sie im Kessel notdürftig die Hände wusch.
„Ich sagte, du musst nicht mitkommen.“
„Aber ich will ihn doch sterben sehen.“


Da! DA! Seht ihr! Seht ihr! Was für eine fiese Fregatte, eine maliziöse Matrone, eine hinterhältige Hetäre, ein widerwärtiges Weib, eine miese Megäre, eine … was? Oh, ja. Richtig. Also.

Nun sind sie zwar da, aber erst mal gibt es wichtigere Dinge als Anschar. Ordentliche Unzucht beispielsweise, jawoll!

[S]ie folgte Mallayurs stummer Aufforderung, zu ihm zu kommen. Er saß bereits auf dem Lager, nackt und mit gierig aufgerichtetem Glied.


Gut, die Argadyer haben da ja eine recht lockere Auffassung von Privatsphäre, und so darf Anschar erst mal dem nackten Hintern seines Besitzers beim Geschlechtsakt zugucken. Strafe muss ja sein und so, nicht wahr?

Anschar macht sich stattdessen tiefschürfende Gedanken über den Tod und überhaupt, und als ihm das zu langweilig wird, beschließt er, stattdessen Malles Liebesspiel zu stören. Höhöhöhöhöhö.

„Herr?“, unterbrach er das Spiel. „Herr!“
Widerwillig erstarb Mallayurs Stöhnen. „Was ist?“
„Heute keine Schläge von Geeryu?“
„Halt den Mund, sonst lasse ich dich an deinem Schwanz aufhängen.“
Anschar lachte geringschätzig. „Womit willst du mir jetzt noch drohen?“
Verbissenes Schweigen war die Antwort, es folgte Geeryus wohliges Seufzen. Das Paar setzte das Spiel fort.

Ja, manchmal haben Malles ein kleines bisschen Haue gern. [/dieärzte]

Anschar denkt aber gar nicht daran, seinen Mund zu halten, und spielt nun selbst eine kleine Runde „Was ich schon immer wissen wollte“. Beispielsweise, warum Malle damals Hadur befohlen hat, ihn, Anschar, umzubringen.

Gut, ich musste grade auch kurz nachblättern nachdenken, wer denn jetzt schon wieder Hadur ist: das ist der Typ, der ganz am Anfang des Buches ebenfalls einen Suchtrupp nach dem Wassergott leitete und der Anschi und Gigi bei ihrer Flucht durch die Wüste erst mal vorgeblich freundlich aufnahm. Dummerweise hatte Hadur die Angewohnheit aller tumben Gauner, er redete zu viel und so bekam Anschar Wind von der „ich soll ihn umbringen“-Sache, murkste des Nächtens die Hälfte des Suchtrupps und floh mit Gigi.
Und kam dann noch mal wegen ihrer Handtasche zurück. Dieser kleine Fakt blieb mir irgendwie im Gedächtnis.

Gut, das war also Hadur, und jetzt will Anschi wissen, warum Malle ihn damals hatte umbringen lassen wollen. Dieses Mal schafft es unser integerer Mann der Tat tatsächlich, Malle nachhaltig bei seiner Begattungstätigkeit zu stören.

Mallayur erstarrte. Er schob Geeryus besitzergreifende Arme beiseite und setzte sich auf. „Du weißt davon?“


Nee, nur gut geraten. Pfht. König Obvious, der Vorgesetzte von Captain Obvious, huh?

Genauer will er sich zu den Gründen aber nicht äußern, warum und wieso und überhaupt, und kehrt dann schon bald zu Geeryu zurück, um sich nun doch ein bisschen den Hintern versohlen zu lassen. Weil er ein böser, böser (Möchtegern-)König gewesen ist.

Anschar verfolgt den Gedankengang unverdrossen weiter und kommt zu der verblüffenden Erkenntnis, dass Malle den Gott schon haben könnte.

“Hast du den Gott?“
Mallayur stöhnte verärgert auf. „Ja, verdammt, ich habe den Gott! Ein paar Tage nach deiner Rückkehr aus der Wüste brachte Geeryu ihn mir. […] Morgen wirst du ihm geopfert, damit er sich gefügig zeigt.“ Seine Stimme überschlug sich vor Ärger. „Und damit sind deine Fragen hoffentlich beantwortet!“


Und die Moral von der Geschicht’? Was lernen wir daraus, liebe Kinder? Na? Genau.
Wenn ihr und jemand anders euch ganz doll lieb haben wollt, dann sorgt dafür, dass ihr so was wie Privatsphäre habt; Zuschauer können nämlich unter Umständen ganz doll nerven. Besonders, wenn sie wie beim Bodenturnen Schilder mit Bewertungszahlen hochhalten, aber das ist eine ganz andere Geschichte. Und viel radioaktiver.

Anschar nervt wacker weiter.

„Die Götter wollen keine Menschenopfer.“ Er wurde so laut, dass einige Herscheden aufsprangen und nach ihren Waffen griffen. Mit aller Kraft spuckte er seine Abscheu heraus. „Und schon gar nicht von dir!“
„Schweig!“, schrie Mallayur. „Du störst meine Nachtruhe.“


Jjjjjaaaaa. Nachtruhe. So könnte man das auch nennen.

Letztendlich hat Malle dann aber nun endgültig die Nase voll und lässt Geeryu mittels komprimierter Luft Anschar halb bewusstlos schlagen. Plönk. Der hält dann tatsächlich die Klappe, während König und Dummkuh beenden, was sie grade … *fuchtel*
Also mir wäre es ja schon längst vergangen. Aber vielleicht bin ich auch einfach zu sensibel.

Beim Anbruch der Morgendämmerung geht es dann weiter. Im Gebiet des Hyregor (des bergigen Gebiets) ist die Trockenheit noch nicht so fortgeschritten (hence the Wald), trotzdem sind die Männer äußerst wachsam, denn der Schamindar, jene legendäre Bestie, soll genau hier sein Unwesen treiben.

Hmmmhmhm. Ob es da einen Zusammenhang gibt zwischen Opferung und Untier?

Ja! Als hätten wir es geahnt! Aschi soll dem Schamindar (Schalalalalala) geopfert werden. Nackig wird er an den Opferstein gebunden, denn die Kleidung könnte dem Heiligen Höllenhund zwischen den Zähnen stecken bleiben und jeder weiß, wie nervig das ist. Da wäre es dann Essig mit dem guten Karma für das Opfer und das Risiko kann man ja nun nicht eingehen. Deswegen der Striptease. Jawohl. Das hat alles Gründe, Gründe weit jenseits von Kopfkino und

So. Das musste mal klargestellt werden, hier.

Anschar wird dann auch noch ein bisschen angepiekt, damit sein Blut das liebe Tierchen auch ja zeitnah anlocken möge, dann reiten Dummkuh, Malle und der Rest der Entourage hinfort. Selbst sind sie nicht grade scharf auf eine Begegnung mit dem netten Schamindar. Warum nur?

Da sitzt Anschar nun nackt und gefesselt auf einem Felsen und weiß erst mal nichts mit sich anzufangen. Das obligate Überprüfen der Fesseln (Nope. Halten.) muss sein, danach kann er sich wieder ganz den Gedanken an Gigi hingeben und ob es nicht doch klüger gewesen wäre, wenn er mit ihr gegangen wäre.

Der Tag vergeht und nicht gescheht. [/schlechter Reim] Die Nacht bricht herein und noch immer ist Anschar nackt, an einen Felsen gefesselt und lebendig. Die Dunkelheit wird immer dunkler, und da kommt er dann, der Schamindar (schalalalalalaaaaa)! Wie genau der jetzt aussieht weiß ich auch nicht mehr. Hundkatze mit drei Schwänzen irgendwie, furchtbar groß und furchtbar fies.

Anschar versucht sich mit den jammervollen Mitteln zur Wehr zu setzen, die ihm zur Verfügung stehen („Ich habe … äh, Fingernägel! Und Füße! Und ich werde sie benutzen!“), doch wäre es alles sinn- und zwecklos, naturalmente, wenn das Ungeheuer nicht plötzlich die Lust verlieren und graziös wieder in den Wald abmarschieren würde.
Anschar ist, verständlicherweise, etwas konsterniert. Da denkt man, man kämpft grade um sein Leben, alles hochdramatisch, und dann dreht einem die reißende, erbarmungslose Bestie einfach den Pöppes zu und hat keine Lust mehr. Da würde sich wohl jeder veräppelt fühlen, ne?

Die Nacht schreitet dann auch dahin, der Schamindar bleibt dahingeschritten, dafür kommen ein paar Leutchen und befreien Anschar. Es ist die Argadische Volksfront (oder war es die Volksfront von Argadye?), eine Vereinigung von entflohenen Sklaven, die sich gegen die Römer Herrscher auflehnen und in den Wäldern versteckt ein gar Robin-Hoodiges Leben führen!
Und so als Hobby zur Opferung bestimmte Mitsklaven von Felsen schneiden.
Na, dasjamal praktisch, watt?

Anschar wird gerettet (von Wüstenwasteln, welch’ Schmach!), eingekleidet und fortgebracht, während ein anderer Wastel die Opferstätte so hinpfriemelt, dass es aussieht, als ob der Schamindar da gewesen sei und ganze Arbeit geleistet habe.

Offiziell wird Anschar also für tot gehalten werden. Ohoh. Ich fürchte größere emotionale Einbrüche bei Gigi, sollte sie diese Nachricht ereilen.



So. Das war das letzte Kapitel für dieses Jahr. Ich wünsche allen Lesern ein gutes, neues Jahr und dass sie die Nacht des Jahreswechsels so verbringen können, wie es ihnen genehm ist. Da ist ja alles drin, von „Ich liege um 22 Uhr im Bett und schlafe“ bis hin zu „ich feiere mit 100.000 Menschen bis in die frühen Morgenstunden hinein, juchee!“. :-D

Mir hat das Jahr viel Spaß gemacht und ich hoffe, wir sehen uns nächstes Jahr wieder.

Es gibt schließlich noch sooo viele Bücher da draußen.

5 Kommentare:

Alienor hat gesagt…

"Was für eine fiese Fregatte, eine maliziöse Matrone, eine hinterhältige Hetäre, ein widerwärtiges Weib, eine miese Megäre, eine ..."
*pffffgniihi* - Man könnte glatt meinen, Du magst sie nicht wirklich?!?

"König Obvious, der Vorgesetzte von Captain Obvious, huh?"
*BWAAK*

Ich beschließe: Kapitel 23 - bzw. Dein Kommentar zu selbigem - bekommt ganz eindeutig einen Platz ganz oben in der Top Ten 2009!
:wegschmeiß:

Das nächste Jahr kann dann so weitergehen!
Einen guten Rutsch und ein gutes, neues Jahr FrauKatz und allen Mitlesern! :-)

Undomiel hat gesagt…

Na das ist ja mal ein Cliffhanger. Anschi gerettet, Gigi unterwegs zu ihm, da brauch ich ja glatt meine Blutdrucktabletten!

Ich wünsch der FrauKatz und den Lesern einen guten Rutsch und ein gutes neues Jahr!

Silph hat gesagt…

Die lustige Blasebalgin reitet den ganzen Weg, um ihn sterben zu sehen und reitet dann wieder weg, ohne ihn sterben zu sehen? Hab ich was falsch verstanden?

Frohes Neues Jahr auch schonmal von mir!

A. Nym hat gesagt…

@Silph: Na, sie hatte wenigstens eine nette Unterhaltung mitbekommen, also, als der Anschi dem Malle seine Nachtruhe... ääähhhh, ja. So.

Anonym hat gesagt…

Wow, was für ein netter Jahresabschluß!
Vielen Dank, Frau Katz, und einen guten Rutsch ins Neue Jahr!
Und danke für die Anleihen an The Life of Brian ... *gg*

LG
Sarahleandra