Montag, 16. März 2009

Die 2. Hebamme X – Lukas' Braut

Marthe putzt in freudiger Erwartung der baldigen Ankunft Lukas' Anversprochener das Haus und kauft ein. Ja, sie geht zum Weinhändler im Nicolai-Viertel und besorgt Gewürze beim Spezereienhändler.

O, the excitement!

Auf dem Rückweg kommt sie an einem Haus vorbei, das bislang leer stand, nun aber offensichtlich für einen neuen Bewohner hergerichtet wird.

„Wer wird hier einziehen?“, erkundigte sich Marthe.
„Ein gelehrter Mann“, antwortete der Knecht, ohne in seiner Arbeit innezuhalten. „Ein Medicus.“
Hoffentlich kein solcher Stümper wie derjenige, den ich vor Jahren auf dem Burgberg erlebt habe, dachte Marthe bei sich.






Marthe würde sich gerne noch tiefere Gedanken über die grundsätzliche Beziehung Mediküsse* – weise Frauen machen, doch da erspäht sie ein bekanntes Gesicht. Ludmillus! Doch ach, doch weh, er ist in Lumpen gekleidet, völlig ohne Ausstrahlung und trägt um sich eine Wolke aus dumpfer Verzweiflung. Daneben ist er überrascht darüber, dass Marthe so aufgeputzt herumläuft.

Sie klärt ihn schnell über alles auf, was im letzten Buch geschehen ist, und nimmt ihn dann mit nach Hause, um ihn erst mal ordentlich zu päppeln. Jodokus ist wirklich am hinteren Rückenende. Er sänge nicht mehr, meint er tonlos, außerdem hieße er Till, bittedanke.

Über einer Hühnersuppe kommt dann heraus, dass Frau Jodokus, Kind Jodokus sowie Freund Hilarius nicht mehr unter uns weilen, was Jodokus selbst in tiefe Existenzzweifel stürzte.

„[...] Und niemand wird die Mörder bestrafen, denn die haben nur ein paar Spielleute erschlagen. Sündige, lasterhafte, unehrlich geborene Spielleute.“


Man kann seine Verbitterung ja irgendwie nachvollziehen.

Marthe will ihm einen Job besorgen. Singen will er nicht mehr, im Berggewerbe arbeiten kann er wohl nicht mit seinen zarten Fingerchen. Zum Glück hat Chris die rettende Idee: er bräuchte jemanden, der seine Listen führt, Till könne doch schreiben, nicht wahr?

Tadah, es ist beschlossen. Till bekommt noch sein Bettchen gezeigt und schon ist wieder eine arme Seele an den Felsen der Güte gekentert. Äh. Gerettet worden von. Ihr wisst schon.

Zwei Tage später trifft Lukas mit seiner Braut, ihrer Anstandsdame, ein paar Mägden und ihrem Beichtvater ein. Lukas macht ein Gesicht, als hätte er seit drei Wochen Verstopfung, und Marthe fürchtet das Schlimmste. Zu Recht, denn die Dame Sigrun ist recht unzugänglich. Immerhin ist sie schon siebzehn, das muss ja auch mal lobend erwähnt werden.
Chris bittet die Gäste nach dem obligaten Willkommensschluck ins Haus.

Seit er Sigrun gesehen hatte, bedauerte er Lukas aus tiefstem Herzen. Er bezweifelte, dass Marthe hier etwas ausrichten konnte – nicht einmal mit allem Feingefühl der Welt.

Genau so wird es wohl kommen. Aber man muss es ja mal versuchen.

Marthe versucht also und muss feststellen: Sigrun ist verstockt, Beichtvater Sebastian ist ein weiterer Arsch im religiösen Rausch und die Situation ist echt verfahren.
Außerdem wirkt Sigrun kränklich, was Marthe beunruhigt. Sie bietet an, ihr einen Trank zu brauen, was von Sebastian gleich abgebügelt wird. Sigrun brauche keine heidnischen Zauber, der Herr würde sie schon heilen, wenn es ihm denn beliebe.
Chris springt an Marthes Seite.

„Meine Gemahlin verwendet keinen heidnischen Zauber, sondern die gleichen Kräuter und Heilpflanzen, die auch die Mönche in den Klostergärten anbauen“, sagte er scharf.

Man schweigt sich den Rest des Essens an und gleich im Anschluss gehen die Gäste nach oben, um sich im Gebet zu erquicken.

Wieder unter seinesgleichen bricht bei Lukas die Verzweiflung aus. Er hätte sie nie herbringen dürfen, er hätte ja schon geahnt, dass sie schwierig sei, aber wie schlimm hätte er erst auf der Reise gemerkt und überhaupt würde er Marthe in Gefahr bringen, OMG, Verzeihung, Chris müsse ihn sofort aus seinen Diensten entlassen und alle vom Hof jagen.

Die nächsten Tage versucht Marthe, einen Zugang zu Sigrun zu finden, doch ist alles vergebens. Sie bekommt nur heraus, dass Sebastian sie nachts gerne geißelt, so als Strafe für ihre Sünden natürlich nur. Als Marthe das mit ihr besprechen möchte findet die das aber völlig in Ordnung, schließlich sind Frauen die Sünde selbst seit Evas Zeiten.



Sie kniet also gerne nur im durchsichtigen Unterhemdchen vor ihrem Beichtvater und lässt sich von ihm blutig schlagen. Gut, jedem Tierchen sein Pläsierchen. Marthe versucht dann nochmal, Sigrun zum Einlenken zu bewegen, auch was Lukas angeht, aber die giftet nur zurück, dass sie schon gemerkt hätte, wie Marthe Chris ansieht und dass das sündhaft sei und überhaupt!

Dummerweise steht Lukas grade hinter ihr und kann das ja mal gar nicht ab, dass seine geliebte Marthe angekeift wird.

„Ich dulde nicht, dass Ihr Eure Gastgeberin und meine Herrin beleidigt“, fuhr er Sigrun in beißender Strenge an. [...]“


Marthe petzt dann eben noch schnell die Sache mit dem Geißeln. Lukas ist angewidert und kümmert sich darum. Leider nicht so, wie es vielleicht optimal wäre („Ich wollte mein Schwert nur reinigen, da ging es plötzlich los. Tut mir leid um euren Beichtvater, ich kaufe euch einen neuen.“), aber immerhin so, dass Sebbi von nun an das ganze Gedöns mit Auspeitschen im Nachthemd sein lässt.

Der Stimmung ist das nun aber wirklich nicht zuträglich und deswegen sind alle erleichtert als Sebbi verkündet, dass sie am nächsten Tag abreisen werden.
Doch, ach, weh, am nächsten Tag ist Sigrun krank. Marthe hatte es ja schon immer geahnt, durfte sie aber weder untersuchen noch behandeln. Nun haben wir den Salat: die Masern sind im Dorf.

[Exkurs:
Die Impfmüdigkeit heutzutage ist ja bekannterweise ein Pet Peeve von mir. Ich will mich da jetzt nicht schon wieder ad vomitum darüber auslassen, aber ich finde es gut, wenn Krankheiten, die wir heute sträflichst unterschätzen, in populären Büchern als das dargestellt werden, was sie sind: potenziell tödlich. Vielleicht bringt das ja den einen oder anderen doch zum Umdenken.]


Die Masernepidemie hielt Christiansdorf sechs Wochen im Würgegriff. [...] Innerhalb einer Woche starben zehn Menschen, unter ihnen die Witwe Elsa.


Marthe ist ständig auf den Beinen und behandelt die Kranken. Chris ist besorgt, aber Marthe kann ihn beruhigen: sie hätte die Masern schon gehabt und ihre Ziehmutter Serafina hätte sie gelehrt, dass man die nur einmal bekommen kann.

Chris löst kurzerhand das Sebbl-will-verhindern-dass-Marthe-Sigrun-behandelt-Problem („Geh beten!“ *ausdemFensterschmeiß*) und seine Frau kann dann ihre heilenden Hände spielen lassen.

Sie mochte sie nicht leiden, sie nahm ihr übel, dass sie mit ihrer Frömmelei und ihrem Hass Lukas das Leben vergällen würde, doch nun war sie krank und brauchte Hilfe.

Keine Sorge, die Hl. Marthe wird sich, ungeachtet persönlicher Ämpfindlichkeiten, dem schon annehmen.

Sie kümmert sich und kümmert sich und es will und will nicht besser werden. Dann kommt sie eines Morgens die Trepper herunter, um zu erfahren, dass ein Medicus bei der Kranken sei.
Zuerst noch hoffnungsvoll, dass der fremde Arzt ja vielleicht ein besseres Mittel weiß, muss unsere Heroine feststellen, dass nicht.

Es ist nämlich der Depp vom Burgberg, der die schon viel zu schwache Sigrun grade zur Ader lässt. Wer hätte DAS gedacht, huh?

„Nachdem Ihr mich vom Burgberg vertrieben habt, musste ich mir schließlich eine neue Stelle suchen.“ Seine Augen wurden zu schmalen Schlitzen. „Und was böte sich besser an als Euer eigenes Revier?“

Er kam, er ließ zur Ader, er will Rache. Na, das kann ja noch lustig werden.

Chris hat jedenfalls die Faxen nun auch dicke und schmeißt den Medicus aus dem Haus. Seine Frau unter seinem eigenen Dach bedrohen, soweit kommt's noch!

In den nächsten Tagen/Wochen flaut die Seuche dann langsam ab. Sigrun hat den Aderlass wohl überlebt (zweifelsfrei nur durch Marthes Aufopferung) und Chris wird mit Gefolge bei Otto erwartet, der ihn zum nächsten Hoftag mitnehmen will.

Chris beschließt, Marthe und die Kinder solange bei Raimund unterzubringen, weil sie da sicherer seien.

Sicher.

_ _ _ _ _
* Absicht. :-D

12 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hach, was du da immer alles rausholst. :D

Mit den zarten Künstlerhänden ist es wie mit denen, die eine schwangere Frau "schützend auf den Leib legt": immer dasselbe. Egal ob Musiker, Maler, Schreiberling, und egal, wie der Körperbau sonst so ist: Die Hände sind immer "feingliedrig". :augenverleier:

Dass Chrischi nach gefühlt jedem Kapitel zu Otto muss, nervt.

Anonym hat gesagt…

"Sie kniet also gerne nur im durchsichtigen Unterhemdchen vor ihrem Beichtvater und lässt sich von ihm blutig schlagen."

... :ugly:



Und wer hätte es gedacht: Ich hab richtig gewettet. Gut, sanma ehrlich, es gab auch nur zwei potentiell überhaupt mögliche Antworten. Dennoch.

Alles in allem muss ich sagen, dass das zweite Buch sich wirklich bemüht, noch schlääächter zu sein als das Erste. Und es langsam aber sicher schafft.


*schauder*

Anonym hat gesagt…

Apropos Bilder von Christian - der passt doch gut, oder nicht?

http://tinyurl.com/dnkp8h

Und hier sogar mit Rüstung: http://www.dernominator.de/02.jpg

:schmelz: :D

FrauKatz hat gesagt…

@Zikädsche
Der Hund kommt auch noch irgendwann. :-D Das zweite Buch lässt es echt krachen.

Dein innerer Vorstellungschris muss sich aber erst noch die Haare färben. :zahn: Aber dann ... och, joh. Kommt hin.


@Fuinil
Bislang ist es eher so eine Art Kammerspiel mit hektischem Hin- und Hergereise (ohne vom Fleck zu kommen). Das erste Buch war ja recht klar aufgebaut: Sammlung, Reise, Dorf aufbauen, Meißen hin und zurück, Hochzeit, hurra. Da gab es noch eine Geschichte zu erzählen.

Das zweite Buch ist bis jetzt nur eine Aneinanderreihung von Alltagsgeschichten à la Gute Lenden, schlechte Lenden. Ich hoffe mal, da kommt noch etwas Schwung rein.

Milui hat gesagt…

>>Gute Lenden, schlechte Lenden<<
*prust*

Bleibt das Buch so ... ereignislos, oder passiert auch mal was, etwa OMGWTFLukaskilltMarthe (Wunschdenken) o.ä.? Nicht mal R-Zfeindes Auftreten hatte den gewünschten Effekt. Laaangweilig!

Anonym hat gesagt…

Wäre es christlich verwerflich gewesen, wenn Lukas das Geißeln übernommen hätte? Im Interesse der glücklichen Ehe?

Anonym hat gesagt…

Uuuuuuuh, das ist es! Der Zugang zu Sigruns Herz! :D Lukas muss einfach nur versprechen, dass er von nun an die Geißelei übernimmt. Wenn sie da so drauf abfährt... :ugly:

Alcarinque hat gesagt…

Ich finde es ja erstaunlich, das Marthe die Impfung noch nicht erfunden hat, wird wohl im dritten Buch kommen oder so...

Und was soll das mit den Händen? :suspekt:
Nur weil sie nicht so groß wie Nachttöpfe sind kann man doch trotzdem einen Pickel oder eine Schaufelt halten, hat der Herr halt ein paar Blasen an den ersten Tagen, aber das Mittelalter war ja soooo furchtbar, da könnte es schlimmeres geben...

Anonym hat gesagt…

Ach, wahrscheinlich ist die Nonne jetzt durch Marthes Aufopferung zum Umdenken gekommen und nimmt Lukas ängstlich aber hingebungsvoll in sich auf und da er Lendenlukas ist, wird sie ihn danach sowieso lieben.

Oder sie stirbt. :ugly:

Dass Chrischi nach gefühlt jedem Kapitel zu Otto muss, nervt.
Ooooohja.

Anonym hat gesagt…

"Wollen wir wetten?
Bei dem Buch WIRD es der Medicus vom Burgberg sein. - 84%
[...]
Es ist nämlich der Depp vom Burgberg, [...]. Wer hätte DAS gedacht, huh?"


:gacker:
OK, Du kannst aufhören zu lesen, wir können jetzt das Buch selber zu Ende schreiben. ;-))

Lass mich überlegen:

- Der Medicus und der geißelnde Beichtvater werden sich zusammentun und Marthe als Hexe verunglimpfen.

- Lukas wird mit Sigrun erstmal seeehr unglücklich. Danach gäbe es aber immerhin zwei Möglichkeiten: Entweder Marthe rettet Sigrun bei ihrer ersten schrecklich schweren Niederkunft und Sigrun ist ab sofort Marthes beste Freundin und Lukas eine gar wundervolle Gattin --- oder Sigrun weigert sich, Marthes Hilfe (rechtzeitig) anzunehmen und stirbt (das kann dann wieder vom Medicus und dem Beichgeißler gegen Marthe verwendet werden), damit wäre Lukas dann wieder frei für eine _nette_ Gattin.

- Hmm, zwischendurch noch ein bisschen eingestreutes unberechtiges Misstrauen von Chris gegenüber Marthe (irgendwie müssen wir ja "Spannung" in die glückliche Ehe bringen), weil Marthe ihm was verheimlicht (die mehrfache Mehrpersonen-Verwarnung, wir erinnern uns).

- Vielleicht könnte Randolf noch bei Gelegenheit irgendwen vergewaltigen? Marthes Stieftöchter müssten doch gerade im besten Alter (spricht: 10 bis 12) sein? *ürgs*


*STÖHN*

Das Buch ist echt noch schlimmer als das erste.



PS: Ich kann nur mit InternetExplorer und nicht mit Firefox kommentieren. *kopfkratz*

Anonym hat gesagt…

Du hast den Dingens mit der Kinderbande vergessen, Alienor. ;) Der Bösewicht wird sich sicher noch mit dem bösen Randolf zusammentun und böse Dinge tun.

Ranwen hat gesagt…

(„Ich wollte mein Schwert nur reinigen, da ging es plötzlich los. Tut mir leid um euren Beichtvater, ich kaufe euch einen neuen.“

:rofl:

Und ich hätte echt gedacht, daß Sigrun stirbt. Weil, das wäre doch das einfachste gewesen. Dann wäre die glücklich als Jungfrau gestorben, Marthe könnte Seppl und den Deppen vom Burgberg als Quasi-Mörder verachten, und Lukas sich eine Neue suchen, die nicht eigentlich Nonne werden wollte.

Aber neeeee.

Wenigstens haben sie mittlerweile wohl die Canard-Methode erfunden, so viel wie da Leute aus dem Fenster geschmissen werden. Wenigstens was.