Donnerstag, 7. Januar 2010

Thomas Lehr, 42

Thomas Lehr, 42

„Eine spannende, hochintelligente Fantasie, geschrieben in einer poetischen Sprache, die ihresgleichen sucht.“ sagt Daniel Kehlmann.

„Eine kaltblütige Gesellschaftssatire.“ sagt die Brigitte.

„Ogottogott neee!“ sagt FrauKatz.

Der Plot an sich klingt hochinteressant und ist eigentlich genau mein Ding, wie man so schön sagt. Eine Besuchergruppe des CERN (da, wo der große Hadron-Collider steht, der bis jetzt noch immer kein weltverschlingendes schwarzes Loch produziert hat, der Versager!) tritt eines schönen Sommertages aus dem Aufzug und muss feststellen, dass die Zeit stillsteht. Sie selbst können sich bewegen, alle anderen scheinen erstarrt zu sein. So bewegen sie sich nun durch die erstillte Welt, versuchen ihren Zustand zu begreifen und vor allem irgendwie zu verarbeiten.

Normalerweise lege ich keine Bücher weg. Ich habe Cechovs Dame mit Hündchen durchgelesen. Effi Briest. Iphigenie auf Tauris.*

Aber nachdem sich „42“, was im Übrigen keine Anspielung auf den Anhalter sein soll, den soll Herr Lehr angeblich nicht mal kennen, drei Wochen lang wie Kaugummi hinzog und ich mich schon gar nicht mehr ins Bett traute, um den traditionellen 5 bis 500 Seiten vor dem Schlafengehen zu entgehen, sagte ich mir schließlich, dass ich vor diesem Buch kapituliere.

Wahrscheinlich bin ich einfach nur geistig zu träge und poetisch zu unempfindsam. Selbst in der heißesten Emozeit meiner Keiner-versteht-mich-Pubertät konnte ich schließlich mit Gedichten nichts anfangen. Ich werde das Buch demnächst einer blitzgescheiten Freundin mit einem Doktortitel in Physik geben. Vielleicht kann sie ja etwas in dem Buch entdecken, das sich mir leider entzieht.

Das helle Mittagslicht, das draußen weiterhin aufflammte, als explodiere Zeitbombe um Zeitbombe, lautlos und ohne Zäsur, war auf der Ebene Null zugleich dämmrig und präzise, sorgfältig kalkuliert wie auf einer Bühne, die Nacht zeigen sollte, aber auch die Details unserer Ankunft am kreisrunden blauen Feinrippteppichstrand der überdachten chronifizierten Küste.


So schwurbelt es sich Seite um Seite dahin, die Handlung muss man sich mit Elektronenmikroskop und Feinpinzette aus der Blumigkeit der Sprachpoesie heraussezieren. Die handelnden Personen bleiben blass und undefiniert, für mich weder un- noch sympathisch sondern, und das ist immer das Schlimmste, einfach uninteressant.

Nein. Kein Buch für mich. Schade.

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*Gut, den Inhalt dieser Bücher habe ich dann schnell verdrängtgessen und wüsste heute nur noch grob, manchmal nicht mal mehr das, wovon sie handeln. Aber ich habe sie gelesen, bis zum bittersüßen Ende!

4 Kommentare:

Die Jo hat gesagt…

Feinrippteppichstrand.

Sehr poetisch. In der Tat.


Das Buch, vor welchem ich kapitulierte hieß "das Buch". (Wolfgang Hohlbein)

mohrchen hat gesagt…

Och, Lady with a laptop ääähm lapdog fand ich überraschend unterhaltsam. Aber das Gefühl kenne ich, das ging mir leider mit einigen Teilen vom Sil so. So gerne ich Tolkien auch sonst habe.

amanda james hat gesagt…

das buch vor dem ich kapitulierte ist "berlin, alexanderplatz". ich habs jetzt (ungelogen) dreimal angefangen. beim letzten mal bin ich immerhin(!) bis zur hälfte gekommen, aber es ist einfach zu anstregend...

Undomiel hat gesagt…

FrauKatz, Du bist in guter Gesellschaft. Eine sehr liebe (und sehr kluge) Freundin von mir hat das Buch nach Seite 5 weggelegt und mir dringend empfohlen, die Finger davon zu lassen. Es liegt also nicht an Dir.


Ach ja: ich bin am "Opernball" gescheitert. Dieses ewige Rumhüpfen zwischen den Personen hat mich nach wenigen Kapiteln dermaßen verwirrt, daß ich aufgegeben habe.
Liebe Schreiberlinge da draußen: ein Protagonist genügt (mir)!