Zeitsprung. Marthe ist schon vier Wochen wieder im Dorf, in der wohligen Gegenwart Wiprechts und all der anderen lieben Dorfbewohner. Die, insbesondere ihre beiden Stieftöchter, wollen immer wieder von Marthe Geschichten über den Kaiser hören; schließlich ist Marthe der Reinhold Messner des Dorfes: to boldly go where no Hebamme has gone before.
Aber unser Goldkind mag so gar nicht erzählen, erinnert es sie doch zu sehr an Dinge™, die sie lieber vergessen möchte.
Man sagt ja, Wiederholungen helfen der Gedächtnisleistung. Na, da sehe ich so langsam schwarz bezüglich des seligen Vergessens wenn das alle paar Kapitel so weitergeht. Hust.
Aber die Kinder und auch die Älteren konnten gar nicht genug hören über die riesige Stadt Würzburg und die Pracht beim Hoftag. Wiprecht betrachtete seine weit gereiste Frau misstrauischer denn je. Sie schien ihm noch unheimlicher geworden zu sein, nach all den Erlebnissen in einer Welt, die er nicht gesehen hatte und nie zu sehen bekommen würde.
Na, wenigstens hält er sich aufgrund dessen von ihr fern. Auch nachts. Das ist doch schon mal schön und trifft bei Marthe bestimmt auf Zustimmung.
Was ihr hingegen nicht gefällt ist das Ausbleiben Christians. Immerhin lebt man hierzulande und dieszutage in gefährlichen Zeiten, da kann wer weiß was passieren. Aber Marthe hat ja zum Glück mehr Einblick als andere.
Wenn ihm oder Lukas etwas zugestoßen wäre, hätte sie das gefühlt, dessen war sie sich sicher.
Na denn!
Verwirrt ist sie außerdem. Weil Chris sich seit dem Kuss so abweisend verhält, ne, und nicht mehr so fürsorglich und alles. Schnief, schluchz.
Als ob ihr Leben nicht schon schwer genug war!
Als ob sie ihr Leben nicht selbst und aus freiem Willen so in den Schlamm gesetzt hätte!
Tsk! :missbilligend:
Aber 's ist, wie 's ist, sagt Erich Fried, und so liegt sie nachts neben ihrem schnarchenden Ehemann und denkt an Chris.
In Wachträumen durchlebte sie wieder und wieder, wie Christians Lippen ihre berührten, wie seine Hände sanft und doch begehrend durch ihr Haar und dann auf ihre Schulter glitten. Ihr Körper zog sich zusammen, während sie immer noch seine Berührung zu spüren glaubte.
Zweimal vierfach verwarnt, ne, aber ein Küsserle vom Chrisserle erweckt geheime Begierden. Stinas Theorie von Teh Healing Sehks kann als bewiesen erachtet werden. Quod erat demonstrandum.
Tage später kommt dann endlich jemand. Leider nicht Chris sondern Willi, der Älteste des Nachbardorfes. Ja, sie hätten da eine Frau, die Schwierigkeiten bei der Geburt hat, ob Marthe nicht mal eben ...?
Wir stellen fest, mittlerweile dürften die Frauen in den anderen Dörfern angekommen sein.
Marthe muss Socke Hildebrand um Erlaubnis fragen. Der feilscht um den Mietpreis Marthes, aber leider nicht um die Bedingungen ihrer sicheren Rückkehr. Weil er ein Idiot ist, sprechen wir es doch einfach mal offen aus. Warum der der Dorfälteste ist, weiß ich auch nicht. Kann ja nur am Alter liegen, ansonsten baut er ja nur Mist. Das schriee nach Neuwahlen, aber wir sind ja im Mittelalter und da gibt es ja bekanntlich nur fortpflanzen oder fortgepflanzt werden.
Nuja.
Also. Marthe geht mit Wilhelm ins Nachbardorf. Dort stellt sie nach einer Sekunde fest, dass jede Hilfe zu spät kommt. Mist. Na gut, dann soll sie wenigstens die Leibkrämpfe einer anderen Frau heilen. Zumindest das klappt, doch dann wird sie zum Herrn des Dorfes gerufen.
Spannung!
Wird sich der Herr des Dorfes (Berthold wohl) als mieser, dumpfer, chauvinistischer Unterdrücker erweisen, wie es 99,9% aller Männer in diesem Buch sind?
„Wie ich höre, ist durch deine Nachlässigkeit eine der Frauen aus meinem Dorf zu Tode gekommen." [...]
„Verzeiht, Herr, das ist nicht meine Schuld. Es war kaum noch Leben in ihr, als ich kam." [...]
„Ich dulde keine Widerrede! Sei froh, wenn ich dich nicht auspeitschen lasse. Du wirst mir den Verlust ersetzen, indem du an ihrer Stelle hier bleibst."
Also ja. Wasne gelungene Überraschung.
Marthe bleibt aber ganz ruhig, weil sie darauf vertraut, dass ihr Dorf schon bald (also so in ein paar Tagen) bemerken wird, dass sie fehlt und sie dann zurückfordern wird. Solange will sie ohnehin bleiben, da sie schon gesehen hat, dass Bertholdsdorf dringend eine Heilkundige braucht. Da kann sie doch nicht einfach gehen, wenn Leute ihre Hilfe brauchen, ne? Große Macht, große Verantwortung. Und so.
Am Abend wird sie dann wieder in Bertholds Haus gebracht. Oha.
Der Ritter schickte die anderen hinaus und musterte sie mit merkwürdigem Gesichtsausdruck. Als er sie schließlich ansprach, klang seine Stimme sonderbar.
„Du bist also die Hexe, die den Astrologen und den Medicus von Ottos Hof vertrieben hat? Der zuliebe Christians Knappe seinen ersten Mann getötet hat und deretwegen ein tumber Reisiger aus Franken immer noch vor Angst schlottert?"
Marthe fragte sich verwundert, woher Berthold das alles wusste[.]
Wir uns auch. Wobei ... die Menschheit ist ja ohnehin seit jeher klatschsüchtig, und immer nur über Kartoffeln reden wird mit der Zeit ja auch langweilig.
Zögernd hob Berthold eine Hand an ihre Wange. Doch er berührte sie nicht, sondern ließ die Hand wieder sinken.
Huh. Das ist neu.
Gut, es hindert ihn nicht daran, sie ordentlich an einen Balken zu fesseln, aber mei. Wenigstens keine Verwarnung dieses Mal. Man muss auch für kleine Gnaden dankbar sein.
Am nächsten Tag heilt Marthe dann mal eben das halbe Dorf. Beim Austreten in einem einsamen Gebüsch trifft sie auf die Vorhut des Christiansdorfer Suchtrupps, Bertram und Kuno. Denen berichtet sie von Bertholds Edikt und von ihrer Entscheidung, doch zuerst alle Dorfbewohner zu behandeln, bevor sie sich retten lassen wird.
Aha. Ha. Ja. Gut. Als Heilige muss man eben zu seinen Prinzipien stehen, da hilft alles nix.
Sie schmieden also einen Plan. Zuerst versuchen Wippi und Jonas (der potente Schmied, wir erinnern uns), Marthe auf dem Dienstweg wiederzubekommen (Jonas:„Ey. Unseres. Her mit." – Berti: „Nö. Shoo."), aber als das nicht klappt wird per Feuer und Rauch ein Ablenkungsmanöver gestartet, Marthe blendet Berti, indem sie ihm feingeriebene Minze in die Augen bläst, und hurra! Flucht gelungen.
„Wo ist Hildebrand?", fragte Marthe leise Jonas, nachdem sie allen überschwänglich gedankt hatte.
„Oh, dem macht seine alte Verletzung so zu schaffen, dass er nicht mitkommen konnte", knurrte der Schmied mit vielsagendem Gesichtsausdruck.
Feige Socke eben. Wir wussten es ja schon seit dem dritten Kapitel, nichtwahr? Ha!
Zuerst erwartet das Dorf dann noch einen Rachefeldzug, aber Berti kommt nicht. Wahrscheinlich aus Dankbarkeit.
Immerhin hatte Marthe ohne Lohn fast sein halbes Dorf kuriert.
Hallelujah!
Ihr Lieben, ich wünsche euch ein schönes Wochenende! Wir lesen uns am Montag wieder.