Donnerstag, 1. Januar 2009

Die Hebamme VIII – Der Überfall

Silvester gab es kein Kapitel, denn Silvester ist die Zeit des Pathos, des Kloß' im Hals, der Rührung, Hoffnung und des Bangens.
Glücklicherweise hat es auch dieses Jahr kein volltrunkener Mitmensch geschafft, eine Riesenrakete in mein Auto zu schießen. Wenn das mal kein Zeichen dafür ist, dass dieses Jahr grossartig wird, dann weiß ich auch nicht.

Kommen wir nun zurück zu Marthe. Die fröhliche kleine Gruppe zieht weiter und hat keine Ahnung davon, was ihnen bevorsteht. Denn das, was ich da so als Überschrift schreibe, da oben, *deut*, das sind die tatsächlichen Kapitelüberschrifen. Der Leser sitzt (oder liegt oder steht, das will ich ja keinem vorschreiben) also grundgescheit gespoilert da und wartet nur noch darauf, dass die durch dunklen Tann (fränkisch klingt das fast wie „Dann", also!) wandernden Gestalten überfallen werden.

Immerhin haben sowohl Marthe als auch Christian (sie haben SO viel gemeinsam!) seit einiger Zeit immer wieder das Gefühl, beobachtet zu werden.

Plötzlich durchzuckte Marthe ein jäher Anflug von Gefahr und ließ sie nach Luft schnappen. Nach einem ersten Schreckensmoment rannte sie an die Spitze des Zuges.
„Da vorne ... etwas Schlimmes!", stieß sie noch im Laufen hervor, als sie Christian erreicht hatte.

Tatsächlich, vor ihnen liegt ein umgestürzter Baum, frisch gefällt, wie unser Ritter mit Kennerblick feststellt. A-Ha!

Erste Verteidigungsregel: so tun, als würde man rasten und als sei alles ganz wunderflauschig und shiny, insgeheim aber darauf lauern, dass sich die Gesetzlosen heranschleichen, weil sie ungeduldig werden.

Gesagt, getan. Man sitzt unauffällig herum und isst Zwieback, während die Männer und Christian sich in der Nähe der Waffen herumtreiben. Ganz unauf- und zufällig natürlich.

Anerkennend sah [Christian] zu Marthe, die immer noch verwirrt war. Dieses Mädchen hatte einen sechsten Sinn wie ein erfahrener Kämpfer – oder sogar noch besser, dachte er. Sie hatte den umgeschlagenen Baum nicht sehen können, als sie losrannte. Er musste wieder an die erste Begegnung mit ihr denken. Damals hatte sie seine Anwesenheit gespürt, obwohl er weder zu sehen noch zu hören war[.] Und Lukas hatte ihm berichtet, dass sie auch schon vor der Rückkehr der anderen von dem Einsiedler gewusst hatte, dass etwas passiert sein musste.

Huuuuuuu, er ist ihr auf den Schlichen! Gut für Marthe Sue, dass Christian so ein gebildeter, ethisch einwandfreier Mann ist, nichtwahr? Kleinere Geister würden jetzt erst mal im Kreis rennen und „Hexäääää!" kreischen. Da hat Marthe echt mal Glück, denn er konzentriert sich lieber darauf, auf die Wegelagerer zu warten.

Die kommen dann nach einer Weile auch angerannt, denn man kann ja nicht ewig im Wald herumsitzen und warten. Das wird langweilig und außerdem nass. So rennen 20 verlumpte Gestalten auf unser Grüppchen zu. Die Männer greifen zu den Waffen, die Frauen kreischen, die Kinder heulen.

... na, zumindest wird der Höllenlärm sämtliche Wölfe, die vielleicht noch in der Nähe waren, ganz sicher vertreiben. :daumenhoch:

Marthe ist von den blutigen Tumult erst mal gelähmt, denn sie erinnert sich plötzlich wieder daran, wie Damals™ ihre Eltern auf ähnliche Weise gemurkst wurden. Stummstillstarr Dastehende sind aber nun mal beliebte Ziele und so sieht sie auch bald, durch einen Schrei aus ihrer Betäubung gerissen, einen keulenschwingenden Schurken auf sich zurennen. Dem wurde, so als rustikale Note, ein Auge ausgebrannt. Igitt.

Völlig hilflos und dem Bösewicht ausgeliefert hebt sie gottergeben in zweckloser Verteidigung den Arm, da fährt ihr glitzernder Ritter in einem Volvo vor, zieht sie auf den Beifahrersitz und fährt mit ihr weg.

... Moment.

*blätter*

Oops. Pardon. Natürlich kommt ihr glitzernder Ritter auf dem Grauschimmel angeritten und murkst den Angreifer unzeremoniell ab. Wir sind hier schließlich in einem Buch für Erwachsene, hier wird ohne Hemmungen gemurkst und ge ... flirtet*.

Der Kampf wogt weiter und irgendwann geben die Fieslinge auf und verschwinden wieder im Wald, minus der sieben, die von Chris&Co entleibt wurden. Auf der hellen Seite der Macht gab es nur einen Verlust, ein recht unkonturierter junger Mann namens Paul. Oh, und Kuno, ein 10jähriger, bekam einen Schlag auf den Kopf, aber Marthe wird das schon wuppen, da bin ich ganz sicher.
Griseldis' Mann Hildebrant (die feige Socke) hat einen Schnitt am Arm und Karl einen gebrochenen Unterschenkel. Marthe kümmert sich um die beiden, wobei sie ihre Hände nach dem Einrichten des Knochens noch ein bisschen auf der Stelle liegen lässt, „um das gemarterte Fleisch zu beruhigen".

Jaja.

Karl ist entzückt, von Belladonna benebelt und mit starrem Blick meint er, Marthe solle ihre Hände doch ruhig da liegen lassen. Nun geschieht ein Wunder: selbst St. Marthe ist genervt und fragt sich, ob die Kerle denn wirklich nie etwas anderes im Sinn hätten.

Mädel, wo warst Du das ganze Buch bisher?

Nein. Haben sie nicht.

Gut, das wäre geklärt.

Nachdem sie sich rührend und aufopfernd um alle gekümmert hat, wankt Marthe zum Bach, denn sie hat vom Geschrei ihre Migräne bekommen. Doch auch da ist ihr keine Ruhe vergönnt, denn nun kommt Lukas an: Drago sei verletzt, ob sie was tun könne.

Christians kostbarer Grauschimmel! Doch wie sollte sie ein Tier behandeln, das niemanden an sich herankommen ließ?

Ich wage eine gewagte Vermutung: Drago wird Marthe voll akzeptieren, weil wegen von die Instinkt den wo die Tiere haben tun.

Angekommen stellt sie fest, dass Christian die Wunde schon gut versorgt hat, besser hätte sie es auch nicht gekonnt, sie wolle dat Krams nur noch mit Sud auswaschen, damit sich nix entzündet. Sie holt den Sud und wir sind mitten in einer herzergreifenden Pferdeflüstererszene.

„Gib mir Deine Hand", sagte [Christian], nahm die Rechte des Mädchens und hielt sie dem Hengst unter die Nüstern. Dann legte er sie dem Pferd an den Hals, während er seine darüber hielt und Marthe dem Tier vorstellte, als wäre es ein Mensch.
Marthe wäre bei seiner Berührung am liebsten zusammengezuckt und hätte ihre Hand weggezogen, aber das würde den Hengst verschrecken. Ein Schauer fuhr ihr über den Rücken. Sie betrachtete die Hand des Ritters, die grade noch mit einem wuchtigen Schwerthieb ihr Leben gerettet hatte und nun ruhig auf ihrer lag. Eine sauber verheilte Narbe zog sich quer über seinen Handrücken. Sie starrte darauf, um dem Drang zu widerstehen, aufzublicken in Christians Gesicht. Das durfte nicht sein. Er war ihr Herr.

Na, das kennen wir ja. „Unsere Liebe kann nicht sein, denn ..."
a) ich bin ein Vampir
b) ich bin gefährlich
c) er ist mein Herr
d) mein Vater will, dass ich eine reiche Tussi heirate
e) Du bist meine Schwester
f) ich bin Dein Vater
g) heute ist Dienstag
h) alles zusammen.

Najanun, Marthe behandelt Drago also und der hält, ich sollte mich als Basilikum verdingen, still wie 'ne Wanze.

Sie räumen dann noch den Baum weg und Marthe kontempliert ein wenig darüber, dass die Angreifer ja nur ganz arme Schweine gewesen seien, die von der Armut quasi dazu gezwungen worden seien. Einigen der Siedler wäre es über kurz oder lang bestimmt nicht anders gegangen, man befinde sich schließlich grade in einer Wirtschaftskrise, weil Wulfi nicht haushalten kann. Dann werden die Toten begraben und man zieht anschließend weiter. Marthe Sue kümmert sich auf jedem Schritt rührend um die Verwundeten. Sie kontrolliert Verbände, legt Umschläge auf und wäscht Binden aus. Die Wunden heilen gar vorzüglich und Marthe fragt Christian, ob sie nicht die alten Narben von Drago behandeln dürfe.

Okay, die sind jetzt schon ein paar Jahre alt und ich wüsste spontan nicht, was sie da noch groß tun will, aber es zeigt ihr selbstloses Wesen so schön, ne?

„Es ist ein Segen, dass wir dieses Mädchen bei uns haben", sagte Lukas zu Christian[.]
„Sie hat wirklich heilende Hände. Keine der Wunden ist bisher brandig geworden", entgegenete der Ritter anerkennend.
„Sie ist einfach unglaublich." Lukas seufzte und dachte: Ihre Hände duften immerzu nach Kräutern. Zum hundertsten Mal überlegte er, wie es sich wohl anfühlen möge, über ihr glänzendes, kastanienbraunes Haar zu streichen.

Christian fühlt sich daraufhin bemüßigt, Lukas zu ermahnen. Das Mädel sei eine Schutzbefohlene und er werde kein Getändel dulden, das möööglicherweise schwere Folgen hätte.

„Selbstverständlich kein Getändel", wiederholte Lukas, ohne dass sich an seinem verzückten Gesichtsausdruck etwas änderte. „Sie ist auch etwas ganz Besonderes."
Sollte er sich verliebt haben?, dachte Christian beunruhigt.

Naaaaaaaaaiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiin, ääääääääääääääääääääääääächt? Verliebt? Wie jeder sonstige Mann in diesem Wald, vom vorhin gemurksten Wegelagerer vielleicht mal abgesehen? Neinnein. Also, das kann ich einfach nicht glauben. Neenee. Unwahrscheinlich. Nein. Also, nope. Kann nicht sein.

Christian erinnert Lukas daran, dass die Familienplanung für diesen von dessen Vater eigentlich schon abgeschlossen wäre, inklusive der ganzen „erstgeborener Sohn, Braut mit stattlicher Mitgift"-Sache.

Lukas sagt nix mehr und wackelt zu Marthe hin.

Als Lukas sich mit Christians Erlaubnis entfernt hatte, hielt der Ritter unbemerkt Ausschau nach Marthe.
Christian besaß inzwischen eine ziemlich klare Vorstellung, was sie war. Alles passte zusammen. Doch zum ersten Mal betrachtete er Marthe nicht als schutzbedüftiges mageres Mädchen, sondern als junge, heranwachsende Frau. Sie war zart, zu zart für ihr Alter, aber klug und stärker, als sie wirkte. Und sie hatte zweifellos etwas Faszinierendes an sich, ohne sich dessen bewusst zu sein.

Nur für den Fall, dass wir das bis jetzt noch nicht mitbekommen haben.

Sein Herz fing schneller an zu schlagen, als er sah, dass Lukas an Marthes Seite trat und unbefangen mit ihr plauderte, während er mit ihr zu Drago ging. Bei Gott, sollte er wirklich eifersüchtig auf seinen Knappen sein?

Bei Gott, wie erschütternd! Erstaunlich! Verblüffend! Unerwartet! Welch' überraschende Wendung der Geschehnisse! Ich schlage die Hände über dem Kopf zusammen!

Ende.

_ _ _ _ _
* Wenn schon Niveau, dann ziehe ich das auch durch, schließlich habe ich mich ein paar Kapitel zuvor auch schon dem Drang enthalten, „Gratifickation" zu schreiben. So there!

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Tatsächlich, vor ihnen liegt ein umgestürzter Baum, frisch gefällt, wie unser Ritter mit Kennerblick feststellt.

"Die Rinde ist noch warm." :ugly:

Anonym hat gesagt…

*wegschmeiß* :-D

Anonym hat gesagt…

*röchel* Ich kann nicht mehr vor Lachen. :-D

Anonym hat gesagt…

Das ist so herrlich, ich liege vor Lachen fast schon unterm Tisch. :-D

Anonym hat gesagt…

Ich schlag die Hände auch überm Kopf zusammen. *leid*

Ich glaub, ich hätte ein Bullshit-Bingo entworfen pro Kapitel.
- Marthe wird bewundert
- Marthe wird angeglotzt
- Marthe wird angesabbert
- Marthe ist schreckensbleich
- Marthe ist erstaunt über ihre Wirkung auf Männer.

Und dann aufstehen und "Bullshit" rufen!

Aber dann käme man wohl nicht mehr zum Lesen...

Anonym hat gesagt…

Isch kann nücht mehr. Pfihihihihihihihihihihi. ... Okay. Geht wieder. Ähem. (Alle 8 Kapitel ein stellvertretender Kicherausbruch für alle schon gelesenen. *nick*) Gran-di-os! :grin:

Uuund weil du wg. Nummerierungen fragtest --> VIII. *nick*