Aha, denkt sich der kluge Ritter, Otto will das Silber gleich mal mit eigenen Augen besichtigen und kommt unter dem Vorwand eines Betriebsausflugs mal eben vorbei.
Hektische Betriebsamkeit bricht aufgrund des dräuenden hohen Besuches aus. Die jungen Männer bauen eine Koppel, die alten Frauen backen Brot und der Rest sammelt Beeren, Pilze und Honig.
Diese viele Arbeit mitten in der Erntezeit stellte das ganze Dorf auf den Kopf. Doch auch abgesehen davon, waren die Christiansdorfer nicht wenig besorgt angesichts der angekündigten Gäste. [...] Ob sie wohl die Gnade des Markgrafen finden würden?
Wollen wir es mal lieber hoffen, denn sonst lässt Otto das gesamte Dorf niedermetzeln und -brennen, jawohl. Aber auch, wenn ihm ein Darmwind quer sitzt oder weil ihm grade danach ist, nicht wahr. Hätte ja auch keinerlei Konsequenzen, also sollte man als Bauer eh permanent in Todesangst leben. Sicher ist sicher.
Doch statt der Jagdgesellschaft preschen zwei Reiter ins Dorf, von denen der eine einen Verwundeten vor sich im Sattel hat.
Huch!
„Wir bringen einen Verwundeten! Holt schnell eure weise Frau her!“, schrie der erste Reiter.
Die weise Halbwüchsige wird geholt und erkennt dank Weis- und Schlauheit sofort, wer da vom Bären angegriffen vor ihr liegt: Ekkehart, einer der vier Verwarner von Randolfs Gnaden.
Wippi, wie immer ein Musterbeispiel an Empathie, schleimt sich bei den beiden anderen Rittern ein und flötet gar lieblich davon, dass sie den Verletzten in seine Hütten bringen und dass seine Frau sich gut um ihn kümmern würde. Giselbert, auch dabei, droht Marthe erst einmal, dass sie auch sterben würde, wenn Ekki was passieren täte. Marthe zeigt die erste normale menschliche Regung und ist von diesen ständigen „wähwähwäh, dann stirbst du“-Drohungen genervt.
„Das ist mir gleichgültig“, gab sie zornig zurück. „Wenn Ihr wollt, dass Euer Freund lebt, verlasst dieses Haus.“
Wippi ist entsetzt, wie es seine impertinente Frau wagen kann, so mit einem Höherstehenden zu reden und wirft sich klagend auf den Boden.
... irgendwie könnte ich mir das grade ganz wunderbar auf einer Bühne vorstellen. Teehehehehe.
Marthe, die Gute, behandelt Ekki dann. Aber nicht ganz so sanft wie sie könnte und die heilenden Hände legt sie ihm auch nicht auf, so! Da hat sie es ihm aber gegeben hat sie!
Als sie fertig ist geht sie hinaus und muss feststellen, dass Otto und seine Begleitung mittlerweile angekommen sind. Der rennt sofort zu Christian und ist begierig nach Neuigkeiten. Es wird kurz hin- und herpalavert, was der Bergmeister meint, die Aussichten, wieviel Silber geschürft werden wird, dass Otto Unterstützung schicken wird, damit die Katen für die Bergleute vor dem Winter noch fertig werden, blablabla.
Chris hat aber noch einen Einwand:
„Ich bin überrascht, dass Ihr so viele Menschen mit hierher bringt. Wenn sich das herumspricht[!]
Otto [...] winkte ab.
„Das hier sind allesamt meine treuen Vasallen. Ich lasse sie schwören, dass sie schweigen.[...]“
Klar. Hat bei der Sache mit dem Gilftelchkelch ja auch schon wunderbarst funktionert. Da hat es immerhin fast 5 Minuten gedauert, bis alle Bescheid wussten.
Mich wundert nur, dass Otto selbst nicht schon längst um die Ecke gebracht wurde, naturtrüb wie er ist. Absolut unfähig zu erkennen, wer ihm wohlgesonnen ist und wer nicht. Zuerst vertraut er Randolf, dann misstraut er Chris und Hedwig, dann vertraut er Gift-Loisl, dann vertraut er demnächst der Drei-Buchstaben-Frau ... eigentlich müsste er, wenn man seinen Intellekt bedenkt, irgendwann im Wald gegen einen Baum laufen und tot umfallen.
Nuja.
Man sitzt, man freut sich über das Silber, man feiert. Hedwig wird es ein wenig schwindelig und der besorgte Chris holt sofort die weise Hebamme.
„Ich gratuliere Euch, Herrin“, meinte Marthe, nachdem sie Hedwig mit kurzem, wachem Blick gemustert hatte.
„Ja, wir verdanken Christians schnellem und klugem Handeln große Möglichkeiten. [...]“
„Verzeiht, Herrin. Ich meinte Euer Befinden. Wenn ihr möchtet, stelle ich Euch ein paar Kräuter zusammen gegen die morgendliche Übelkeit.“
Hefwig sah erstaunt auf Marthe. „Du überraschst mich immer wieder. Bisher war ich mir selbst noch nicht sicher. [...]“
Das kennen wir doch von früher? Als Marthe Berthes Schwangerschaft erkannte und diese wortwörtlich dasselbe sagt wie Hedwig jetzt?
Was ist los? Geht das Buch in die Sommerpause und bringt nur noch Wiederholungen?
Der Abend bricht herein, man versammelt sich an der langen Tafel und grillt das Viechzeugs, das die Gesellschaft auf ihrem Weg aufgetrieben hat. Marthe unterhält sich mit Susi grade über Sex, da ...
Marthe hob jäh die Hand. „Sei still!“
„Tu doch nicht so scheinheilig“, entrüstete sich Susanne.
„Nein, das meine ich nicht“, sagte Marthe hastig. „Leise! Irgendetwas stimmt hier nicht.“
Während sich ihre Freundin erschrocken umsah, beugte sich Marthe vor und spürte in alle Richtungen.
Chris, unser aufmerksamer Retter aus (fast) allen Notlagen, blickt zuuuuuufällig (HA!) in ihre Richtung und bemerkt, dass sie erstarrt herumsteht und zum Waldrand späht. (Marthe hat irgendwie son Ding mit Waldrändern, kann das sein?)
Er ist alarmiert und geht sich mal eben umgucken. Grade noch rechtzeitig, denn kaum ist er ein paar Schritte Richtung Koppel gelaufen kommt auf einmal der Bär aus dem Wald gerannt, zertrümmert einem Küchenburschen wichtige Körperteile wie den Kopf beispielsweise und wendet sich dann den übrigen Gästen zu.
Unglücklicherweise steht er genau zwischen den ganzen Feiernden und deren Waffen; es liegt also an Christian, sie allesamt zu retten. Was er auch tut. Mit einem brennenden Holzscheit, einem Drehspieß und einem rostigen Löffel. Dolch. Whatever.
Zuerst spießt er den Bären an, was den aber nur ärgert. Dann lenkt er ihn mit dem Holzscheit ab und stößt ihm blitzeschnelle den rostigen Löffel ins Herz!
Der Bär ist zuerst verblüfft und dann ziemlich schnell hinüber. Jubel brandet auf und Otto schenkt Chris zum Dank einen edelsteingeschmückten Kelch. Nachdem er sich aber verletzt hat (Chris, nicht der Kelch) muss Marthe wieder ran.
Höhöhöhöhöhö.
Aus einiger Entfernung begucken übrigens Ekki und Giselher der Feiste das Geschehen und mokieren sich darüber, dass Marthe („die Hure“) wieder so um Chris („den Hungerleider“) herumscharwenzelt, überhaupt ist es eine Schande, dass Frauen wie Marthe und Hedwig ihren Platz nicht kennen und dass Randolf ja schon wieder neue Ränke schmiedet, die sicherlich ganz doll toll werden werden. Jau.
Kommen wir nun wieder zu Marthe, die Christian zwecks Behandlung erst mal halb auszieht.
Vorsichtig vergrößerte Marthe mit dem Messer den Riss, den die Krallen in Christians Ärmelansatz geschlitzt hatten, und zog den Stoff von seiner muskulösen Schulter. [Anm. d. Red.: ]
[...]
Christian stöhnte leise.
„War das derselbe Bär, der zuvor schon jemanden verletzte hatte?“
[...]
„Wir hatten ihn schon am Vormittag aufgestöbert. Ein alter, schlauer Bursche, der uns zum Narren hielt. Nicht einmal die Hunde konnten ihn finden.“
Jau, weil alte, schlaue und erfahrene Bären mal so eben auf eine riesige Jagdgesellschaft losgehen, wenn sie dazu keinen Anlass haben. Die werden garantiert nicht so alt, schlau und erfahren, weil sie solchen Unfug treiben. Aber mei. So konnte Chris zeigen, was für ein Held er ist, und alle sind glücklich.
Vorsichtig nahm Marthe die Tücher ab und befühlte mit geschlossenen Augen den Verlauf seiner eisenharten Muskelstränge.
... nur um festzustellen, ob seine Schulter ausgekugelt ist natürlich. Alles ganz harmlos.
...
Sie renkt also alles wieder ein und reibt dann noch ein bisschen Salbe in die Schulter. Und weil er Chris ist und so lässt sie auch noch ein bisschen heilende Kraft durch ihre Hände fließen.
Während sie beide regungslos verharrten, spürte er einen wärmenden, pulsierenden Strom zwischen ihren Händen durch seinen Körper fließen, der sein Blut prickeln und den Schmerz weichen ließ.
Und unsereins muss sich mit Wärmekissen und Einreibsalben begnügen. Hmpf.
Chris ermahnt Marthe dann noch, sowas nicht mit jedem dahergelaufenen Kranken zu machen, ne, aber unsere Wunderheilerin meint, dass sie das schon nicht tun würde.
Am liebsten würde sie ihm den Arm festbinden, damit er besser heilt, aber Chris mag nicht, denn er riecht Ärger.
Weil Christian schwieg, richtete Marthe erneut ihre Sinne auf die Menschengruppe am Bachufer.
„Ja“, meinte sie dann. „Ich fühle es auch. Unheil wird gesäht.“
Logisch, sonst würde es ja auch langweilig, nicht?
So endet nun der dritte Teil des Buches. Morgen werden wir dann in den vierten Teil mit dem vielversprechenden Titel „Der Verrat“ hineinlinsen.
11 Kommentare:
Waaaah. Dieses albernen Vorhersehungen, Ahnungen und Kristallkugeleien sind ja allmählich wirklich nur noch nervtötend.
Was soll das? Die "Spannung" (bitte verzeiht, dass ich diesen Begriff in Zusammenhang mit diesem Buch benutze ;-)) erhöhen? Indem man effektiv verhindert, dass mal irgendwas Überraschendes passiert?
Toller Plan. *narf*
Ja, jaaa. Natüüürlich kann sie Hedwig schon auf den ersten Blick ansehen, dass sie schwanger ist. Bla. Und den Bären erahnen. Blub. Und vorhersehen, dass Ränke geschmiedet werden. Blaaablablaaaa.
Oh, und kein Bär - und schon gar kein ach-so-alter-und-erfahrener - ist so dumm, zufällig in eine lärmende Menschenmenge zu stolpern. :FrauKatz-zustimm:
Tja, die Macht ist stark in ihr!
Ich krieg hier noch nen steifen Nacken vom Kopfschütteln...
Ich hab in diesem Kapitel so ein Bild von Marthesue *andiewandklatsch*, die Ihre Sinne™ so Sauron-Flutlichtmäßig um sich kreisen lässt. Wie so ein Leuchtturm. Nur Christian hechtet immer wieder wie der Blitz aus dem Sinnen™-Strahl, deshalb kann sie ihn nicht spüren. Das wäre ein lustiges Theaterstück!
Marthe in der Mitte, mit so nem Scheinwerfer auf dem Kopf, dreht sich die ganze Zeit hin und her. Der Lichtstrahl trifft Lukas - seliges Lächeln, an die Lenden fassen. Der Lichtstrahl trifft den R-zfeind und seine Kumpane - verheißungsvolles Grinsen, Grölen, an die Lenden fassen. Der Lichtstrahl trifft ihren Ehemann - der wirft sich auf den Boden und strampelt mit den Füßen "wähwähkeinbenehmen" und fasst sich an die Lenden. Die Frauen schreien entweder "HEXE!" oder werden instantly schwanger und fassen sich an die Len- ach nee. Doch nicht. Egal, jedefalls wirft sich zwischendurch mit Luftsprüngen, Abrollen und überhaupt akrobatischem Geschick Christian über/unter dem Lichtstrahl weg und fasst sich - na na na? Genau. Ans Herz.
:ultraugly:
Bwaaaah! Nithy! *nach luft japs* Bescher mir doch keine Erstickungsanfälle hier.
Joah. Das Kapitel an sich würd ich ja auch kommentieren, aber mir sind grad die Variationen von "Arghs" ausgegangen.
"Was ist los? Geht das Buch in die Sommerpause und bringt nur noch Wiederholungen? "
Clip-Show! :ugly:
Äh, ja. Und wenn us' Krischan eisenharte Muskelstränge hat, sollte er vielleicht mal zu einem guten Physiotherapeuten gehen.
Und Bären greifen nicht einfach so eine Menschengruppe an! Schon gar nicht, wenn die Lärm macht und um ein Feuer sitzt! *zeter* Aaargh. Das weiß selbst ich. Und ich kenn die Viecher nur aus dem Zoo. Himmelherrgottsakrefixnochamal.
Und Bären greifen nicht einfach so eine Menschengruppe an! Schon gar nicht, wenn die Lärm macht und um ein Feuer sitzt! *zeter*
Das war sicher ein Polar-Bear. :uglylost:
Ein Problembär, ganz klar.
„Wir bringen einen Verwundeten! Holt schnell eure weise Frau her!“
Was ist das denn für ein Hilferuf? Heiler? Sanitäter? Das könnte ich mir ja noch vorstellen. Aber an einem x-beliebigen Dorf nach der weisen Frau zu schreien? Den Posten gibts überall? Der wird gleich nach der Dorfgründung ausgeschrieben? :ugly:
Ja, ich weiß, es ist kein x-beliebiges Dorf und Marthes Ruf schallt weithin übers Land...
Vinni
>>Aber an einem x-beliebigen Dorf nach der weisen Frau zu schreien? Den Posten gibts überall? Der wird gleich nach der Dorfgründung ausgeschrieben?<<
Dieser Posten wird bestimmt überall ausgeschrieben, zusammen mit dem des Dorfdeppen und anderen wichtigen Posten. Hin und wieder kommt es auch vor, das der Posten der weisen Frau und des Deppen von der gleichen Person übernommen wird. :ugly:
Du meinst, zum Beispiel in diesem grandiosen Dorf? :p
Ja, aber nur so als Beispiel. :smirk:
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